Bundeswehr braucht Reformen

Berlin · Zu wenig Personal, zu viel Belastung, zu schlechte Ausrüstung: Die Probleme bei der Bundeswehr sind mittlerweile erkannt, meint der Wehrbeauftragte. Aber die Trendwende geht ihm viel zu langsam.

 Hans-Peter Bartels will mehr Geld für die Truppe. Foto: dpa

Hans-Peter Bartels will mehr Geld für die Truppe. Foto: dpa

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Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD ) hat deutlich mehr Tempo bei der Bundeswehrreform gefordert. "Das Umsteuern hat begonnen. Aber bei den Soldatinnen und Soldaten kommt noch nicht mehr Personal und mehr Ausrüstung an. Sondern erstmal mehr Aufträge", kritisierte gestern Bartels bei der Vorstellung seines Jahresberichts zum Zustand der Truppe in Berlin . "Es geht alles viel zu langsam."

Das Tempo der eingeleiteten Trendwende bei Material, Personal und Finanzen müsse deutlich anziehen. "Viele Probleme sind erkannt und anerkannt. Jetzt geht es um Lösungen. Und um Tempo."

Die Truppe habe mit wachsender Belastung durch zahlreiche Einsätze zu kämpfen, von der Friedenssicherung in Mali bis zur Russland-Abschreckung im Baltikum. "Nichts davon ist falsch, aber es ist viel." Gleichzeitig müssten die Teilstreitkräfte Personal einsparen für neue Strukturen. Bartels forderte eine "Beschleunigungsinitiative" für alle Reformprojekte.

Um die personellen Lücken zu schließen, brauche es 14 300 neue Dienstposten. Geplant seien aber nur zusätzliche 7000 Posten bis 2023. "Das ist Schneckentempo", kritisiert Bartels.

Die Truppe leide zudem nach wie vor an mangelhafter Ausrüstung. Beispiel Kampfpanzer : Die 225 vorhandenen Kampfpanzer sollen um 100 gebrauchte, modernisierungsbedürftige Leopard 2 aufgestockt werden. Der Zeitraum für den Rückkauf beträgt aber sieben Jahre. "Warum dauert das dann so lange?", fragt Bartels. Insgesamt soll die Vollausstattung für derzeitige Aufgaben bis 2030 dauern. Er mahnte zudem einen Mentalitätswandel und ein Überdenken bürokratischer Verfahren an. "Business as usual und Dienst nach Vorschrift helfen gerade jetzt nicht mehr weiter."

Bartels ist "Anwalt der Soldaten" und kümmert sich um Sorgen und Nöte in der Truppe. Im Jahr 2016 hätten ihn trotz rückläufiger Personalzahlen deutlich mehr Anliegen aus der Truppe erreicht. "Dies spiegelt die Unzufriedenheit in der Bundeswehr ", meinte die verteidigungspolitische Sprecherin der Linken, Christine Buchholz. Grund dafür sei die Ausrichtung der Truppe auf den Dauereinsatz in über einem Dutzend Kriegs- und Krisengebieten.

Der Bundesvorsitzende des Bundeswehrverbandes André Wüstner nannte den Bericht "schonungslos und tiefgründig wie selten zuvor". Es brauche einen "Bewusstseinswandel innerhalb der Bundesregierung, um schnellstens Lösungen für die Probleme zu entwickeln, die seit zwei Jahren beschrieben und anerkannt sind."

"Ich würde mir wünschen, dass er mit der Ministerin härter ins Gericht geht", sagte die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen, Agnieszka Brugger. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU ) fehle eine klare Strategie. Man müsse Ziele klar formulieren. "Deutschland muss nicht bei jedem Militäreinsatz dabei sein, das tun andere Länder ja auch nicht."

Meinung:

Vieles liegt im Argen

Von SZ-Korrespondent Hagen Strauß

Alle Jahre wieder ist der Jahresbericht des Wehrbeauftragten kein Ruhmesblatt für die politische Führung der Bundeswehr . Vieles liegt im Argen. Die Trendwende hin zu modernen Strukturen, zu besserer Ausrüstung, hin zu mehr Personal und mehr Geld ist zwar eingeleitet, doch in der Umsetzung geht alles viel zu langsam. Der Wehrbeauftragte spricht sogar von Schneckentempo. Das ist für eine Armee, die durch ihre vielen Auslandeinsätze an ihre Leistungsgrenze stößt und auf die noch mehr Herausforderungen zukommen werden, fatal. Die Politik hat die Lage in einigen Bereichen wenig vorausschauend eingeschätzt. Deswegen hat der Wehrbeauftragte Recht: Es muss dringend nachgebessert werden.

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