Rechte Szene wächst rasant in Deutschland

Berlin · Linksextreme und Islamisten sind in Deutschland auf dem Vormarsch, warnt der Verfassungsschutz. Mehr Sorgen bereiten dem Geheimdienst aber rechtsextreme Gewalttäter – aus der Mitte der Gesellschaft.

Die fremdenfeindlich motivierte Gewalt in Deutschland ist im vergangenen Jahr dramatisch angestiegen. Dem gestern in Berlin vorgestellten Verfassungsschutzbericht 2015 zufolge wurden alleine 894 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte verübt - fünf Mal so viele wie im Vorjahr. Insgesamt erfasste der Verfassungsschutz für das vergangene Jahr 21 933 Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund. Darunter seien 1408 Gewalttaten, ein Anstieg um 42,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die Zahl der fremdenfeindlichen Gewalttaten verdoppelte sich fast von 512 auf 918. Ziel rechter Gewalt sind den Angaben zufolge immer häufiger Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbewerber. 2014 wurden in diesem Bereich insgesamt 170 Straftaten verübt, davon 25 Gewalttaten. Im vergangenen Jahr waren es 894 Straftaten, davon 153 Gewaltdelikte.

Der Verfassungsschutz beklagte zudem die "zunehmende Anschlussfähigkeit" des Rechtsextremismus zur Mitte der Gesellschaft. Vor dem Hintergrund der Ankunft von mehr als einer Million Flüchtlingen habe sich eine "Anti-Asyl-Agitation" entwickelt, die sich vor allem in "enthemmter Hetze im Internet" zeige. "Zunächst rein virtuelle Gruppen festigen und radikalisieren sich im Internet, um später Aktionen in der Realwelt durchzuführen", heißt es. Die Mehrzahl der Täter sei zuvor nicht in rechtsextremistischen Zusammenhängen in Erscheinung getreten.

Im Zuge der Flüchtlingskrise konnte die rechtsextremistische Szene laut Verfassungsschutz deutlich mehr Sympathisanten für ihre Kundgebungen mobilisieren. 2015 hätten 95 200 Menschen an rechtsextremistischen Protesten teilgenommen, fünf Mal so viele wie 2014. 80 Prozent aller rechtsextremistischen Demonstrationen befassten sich demnach mit den Themen Zuwanderung, Asyl und Flüchtlinge.

Auch linksextremistisch motivierte Gewaltdelikte nahmen deutlich zu. Die Zahl sei im Vergleich zu 2014 um fast zwei Drittel auf 1608 Taten gestiegen. Nahezu alle Delikte hätten sich gegen die Polizei , gegen den Staat, seine Einrichtungen und Symbole gerichtet. "Extremistische Szenen - ganz gleich welcher Ausrichtung - haben in Deutschland Zulauf", erklärte Innenminister Thomas de Maizière (CDU ).

Ein weiterhin hohes Bedrohungspotenzial sieht der Verfassungsschutz bei gewaltbereiten Islamisten . Bis Ende 2015 lagen der Behörde Erkenntnisse zu über 780 Verdächtigen vor, die nach Syrien und in den Irak gereist sind, um sich dort dem IS und anderen islamistischen Gruppierungen anzuschließen. Die Ausreisedynamik in die Kampfgebiete sei zwar zurückgegangen, die Zahl der Gefährder allerdings "so hoch wie noch nie zuvor".

Zum Thema:Im Saarland kam es 2015 zu 226 rechtsextremistischen Straftaten (2014: 168), davon waren 64 fremdenfeindlich (2014: 21). Unter anderem wurden Ausländer in Lebach aus einem Auto mit Steinen beworfen und ins Gesicht geschlagen. Insgesamt zwölf Straftaten hatten einen direkten Bezug zu Flüchtlingsheimen, darunter der Brandanschlag auf eine umgebaute Schule in Bliesdalheim. mast

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