Mehrheit für Auflösung der AfD Saar

Stuttgart · Mit knapper Mehrheit von 52 Prozent der Stimmen hat der AfD-Bundesparteitag in Stuttgart die Auflösung des Landesverbandes Saar bestätigt. Bis zur letzten Minute hatte es Versuche gegeben, die Abstimmung zu verhindern.

Es ist eher selten, dass Mitglieder bei einem Parteitag Flugblätter gegen die eigene Parteispitze verteilen. Aber um die Auflösung ihres Landesverbandes abzuwenden, war mehreren Vorständlern der Saar-AfD am Samstag in Stuttgart auch dieses Mittel recht: Sie warfen Bundeschefin Frauke Petry auf den Zetteln "Mobbing gegen Missliebige" vor und baten den Parteitag, dafür zu sorgen, dass die Situation im Saarland gar nicht erst auf die Tagesordnung kommt - "um weiteren Schaden für unsere Partei zu vermeiden". Doch viele der 1000 Flugblätter wurden sie nicht los, weil - wie Landeschef Josef Dörr berichtete - der Bundesvorstand die Aktion jäh unterband.

Hätte sich der Parteitag erst gar nicht damit befasst, wäre die Auflösung endgültig gestoppt worden. Am Ende votierten 995 Mitglieder (52 Prozent) an den elektronischen Stimmgeräten (und damit quasi in geheimer Wahl) für die von Frauke Petry betriebene Auflösung, 806 dagegen, 117 enthielten sich. Die Mehrheit hätte nach Ansicht der Petry-Anhänger indes deutlicher ausfallen dürfen. "Wenn ich Bundesvorsitzender wäre, käme ich gewaltig ins Nachdenken", stichelte Josef Dörr.

Viele Mitglieder zweifelten, ob die Auflösung wirklich nötig und verhältnismäßig war, der rechtsnationale Flügel hatte schon im Vorfeld Stimmung dagegen gemacht. Nun muss das Parteigericht entscheiden, das im Eilverfahren bereits angedeutet hat, dass die Auflösung keinen Bestand haben wird. Die Kontakte von Dörr und seines Stellvertreters Lutz Hecker in die rechte Ecke, um die es in der Debatte geht, stufte das Gericht bislang als "Blauäugigkeit" ein.

In einer teils ruppigen Debatte hatten mehrere Mitglieder mit immer neuen Geschäftsordnungs-Anträgen bis zur letzten Minute eine Abstimmung über die Auflösung des Landesverbandes noch verhindern wollen. "Wir haben keine Angst davor, diese Sachen zu diskutieren", rief der Pressesprecher der AfD Saar, Rolf Müller, in den Saal. "Aber wenn es dazu kommt, wird hier einige schmutzige Wäsche gewaschen, und zwar auf Seiten des Bundesvorstandes." Dem hielt Bundesvorstand Dirk Driesang entgegen: "Wenn wir ein Partei sein wollen, die Mut zur Wahrheit hat, dann müssen wir unangenehme Dinge ansprechen und dürfen sie nicht unter den Teppich kehren."

Driesang listete die Vorwürfe gegen Dörr und Hecker auf: Anwerbung von Mitgliedern aus der NPD-nahen Freien Bürger-Union (FBU) sowie Kontakte zur Pfälzerin Ulrike Reinhardt, die zum Umfeld der NPD und der NPD-gesteuerten "Saarländer gegen Salafisten" (Sagesa) gehöre. Dies widerspreche dem bürgerlichen Selbstverständnis der AfD. Der Bundesvorstand sei von Dörr und Hecker "betrogen" worden. Dennoch würden beide in ihrem Landesverband kritiklos gestützt - daher die Auflösung. Hecker entgegnete, die AfD Saar habe jede Zusammenarbeit mit FBU, Sagesa und NPD einstimmig ausgeschlossen - dies sei doch genau das von Petry gewollte Signal. "Eine Unterwanderung des Landesverbandes Saar durch irgendwelche Extremisten gibt es nicht." Die Kontakte habe man abgebrochen, sobald man erkannt habe, um wen es sich handelt.

Zwar hatten Dörrs Anhänger für die Debatte bereits frühzeitig die Saalmikrofone okkupiert. Doch nach Driesangs und Heckers Schlagabtausch beschlossen die Mitglieder das Ende der Debatte - sie wollten lieber über deutsche Kultur und den Islam diskutieren.

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