Worüber CDU und SPD jetzt verhandeln

Saarbrücken · Besonders strittige Themen gibt es nicht, Diskussionen sind aber zu erwarten, wenn bald über die Fortsetzung der großen Koalition geredet wird.

 Anke Rehlinger und Annegret Kramp-Karrenbauer (rechts) regieren das Saarland seit 2012 gemeinsam und kennen die Positionen der jeweils anderen aus dem politischen Alltag. Doch jetzt wird wieder neu verhandelt.

Anke Rehlinger und Annegret Kramp-Karrenbauer (rechts) regieren das Saarland seit 2012 gemeinsam und kennen die Positionen der jeweils anderen aus dem politischen Alltag. Doch jetzt wird wieder neu verhandelt.

Foto: mädcher/dpa

Der Wahlkampf ist vorüber, jetzt geht es ans Verhandeln. Schon Ende April könnte die große Koalition stehen. "Wir sind uns in vielen Zielen ja einig als CDU und SPD, haben eher Unterschiede in dem Weg dorthin", sagte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) gestern. Ihre Stellvertreterin Anke Rehlinger sagte, für die SPD sei ihr Wahlprogramm die inhaltliche Basis für die Verhandlungen. Was bedeutet das für die einzelnen Politikfelder? Ein Überblick.

Bildung: Hier sind die größten Diskussionen zu erwarten, weil die Unterschiede zwischen CDU und SPD bei der Bildung am größten sind. Das betrifft zum Beispiel die Wiedereinführung von G9 an einzelnen Gymnasien. Die SPD hat im Wahlkampf "Wahlfreiheit" zwischen G8 und G9 an Gymnasien versprochen. Von den 40 Gymnasien im Land könnten nach der Vorstellung des Bildungsministers rund ein halbes Dutzend G9 anbieten - was die CDU jedoch ablehnt. Konfliktträchtig ist auch der Leistungserlass von Minister Ulrich Commerçon, der es ermöglicht, Klassenarbeiten durch andere Leistungen zu ersetzen, und der Notenspiegel untersagt. Die CDU sprach Commerçon deshalb im Wahlkampf den gesunden Menschenverstand ab. Eine Forderung der SPD, die verhandelt werden muss, ist auch ein Rechtsanspruch auf Ganztagsunterricht.

Kita-Gebühren: Ein Thema, das die SPD im Wahlkampf gesetzt hat. Beide Parteien sind sich im Grundsatz einig, dass sie Eltern entlasten wollen. Sie haben dazu unterschiedliche Modelle entwickelt. Die SPD will den schrittweisen Einstieg in die Abschaffung der Kita-Gebühren durchsetzen. Als ersten Schritt will sie den Anteil der Elternbeiträge an den Personalkosten der Kitas von 25 auf 20 Prozent senken. Die CDU plant ein Guthaben von 2000 Euro für jedes ab 2018 geborene Kind, mit dem Eltern die Kosten für die Betreuung in Kitas, durch Tagesmütter oder auch in Ganztagsschulen ab 2020 begleichen können.

Innere Sicherheit: Der 2012 vereinbarte Abbau von 300 Beamtenstellen bei der Polizei, der in den vergangenen Jahren trickreich umgangen wurde (Hilfspolizei, Lebenszeitverlängerung, Mini-Jobs, befristete Arbeitsverhältnisse), könnte gestoppt werden - das hat die SPD jedenfalls angekündigt. Diskussionen wird es darüber geben, ob der Polizeiliche Ordnungsdienst mehr Personal und Befugnisse erhält, wie die CDU dies gerne hätte. Die SPD ist dagegen. Ein weiteres Thema wird der Ausbau der Video-Überwachung sein. Die CDU ist dafür, die SPD sieht ebenfalls Handlungsbedarf, ist aber zurückhaltender.

Krankenhäuser/Pflege: Die Klinik-Strukturen sind nach Überzeugung von CDU und SPD reformbedürftig. Das Gesundheitsministerium hat bereits angekündigt, dass in Zukunft mehr Wert auf eine Spezialisierung der 22 Kliniken gelegt werden soll, damit der ruinöse Wettbewerb unter den Häusern aufhört. Beide Parteien sind sich einig, dass die Kliniken auch trägerübergreifend stärker zusammenarbeiten müssen. Die Bestrebungen, in Berlin dafür zu sorgen, dass die Krankenkassen mehr Pflegepersonal für Kliniken bezahlen, werden gewiss fortgesetzt.

Kommunalreform: Klar ist, dass die Verwaltungsstrukturen auf den Prüfstand kommen werden. Die Ansätze der großen Parteien, um die Kommunalverwaltungen effizienter zu machen und so Personal und Geld zu sparen, sind nicht so weit voneinander entfernt. Beide wollen, dass die Kommunen wesentlich stärker zusammenarbeiten. Die CDU befürwortet Zweckverbände, Verwaltungsgemeinschaften und Infrastruktur-Einheiten. Wenn die Kommunen dabei nicht mitmachen, schließt die CDU eine Gebietsreform als "ultima ratio" nicht aus, anders als die SPD. Die Sozialdemokraten denken an eine Kooperation in Bereichen wie Controlling, Vollstreckung, IT, Immobilien, Bauverwaltung und Einkauf. Einige Aufgaben sollen kreisweit, andere landesweit zentralisiert werden.

Bauministerium: Die CDU wird in den Koalitionsverhandlungen voraussichtlich kein zusätzliches Ministerium fordern, dafür aber mehr Zuständigkeiten für die CDU-Ressorts. So sollen im Innenministerium die Zuständigkeiten für alle Bau- und Infrastrukturthemen gebündelt werden. Diese sind bislang über mehrere Ressorts verstreut, etwa Wirtschaft (Straßenbau), Finanzen (Hochbau), Innen (Bau-Aufsicht, Städtebau) oder Staatskanzlei (Breitband). Die SPD findet eine Bündelung vom Grundsatz her nicht verkehrt, hält aber eine Zuordnung zum Innenministerium für "nicht optimal".

Investitionen: Weitgehend Einigkeit herrscht bei der Notwendigkeit zusätzlicher Investitionen in die Hochschulen sowie in die Infrastruktur, also in Straßen, Brücken, Breitband, Kliniken und öffentliche Gebäude wie Schulen. Die SPD sprach im Wahlkampf von einem "Jahrzehnt der Investitionen", das nach der Einigung auf einen neuen Bund-Länder-Finanzausgleich kommen müsse. Die CDU will im Jahr 2020 das Investitionsvolumen im Landeshaushalt um 50 Millionen auf dann rund 400 Millionen Euro steigern und in der Folge um zwei Prozent pro Jahr erhöhen.

Windkraft: Die CDU will in den Koalitionsverhandlungen über die 2012 vereinbarten Ausbauziele neu verhandeln. Die SPD bekennt sich in ihrem Wahlprogramm zu diesen Zielen.

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