Die Elefanten und der rot-rote Horizont

Saarbrücken · Der große Knall blieb bei der SR-Runde der Spitzenkandidaten zur Landtagswahl aus. Heftig diskutiert wurde dennoch.

 Die Moderatoren Norbert Klein und Roman Bonnaire, die Kandidaten Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Anke Rehlinger (SPD), Oskar Lafontaine (Linke), Hubert Ulrich (Grüne), Oliver Luksic (FDP), Rudolf Müller (AfD). Foto: Becker&Bredel

Die Moderatoren Norbert Klein und Roman Bonnaire, die Kandidaten Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Anke Rehlinger (SPD), Oskar Lafontaine (Linke), Hubert Ulrich (Grüne), Oliver Luksic (FDP), Rudolf Müller (AfD). Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Lächelnd kommt Annegret Kramp-Karrenbauer im weiß-grauen Ensemble vor dem Studio eins auf dem Saarbrücker Halberg an. Ob sie die brandneue Umfrage des Abends schon kennt, ist zumindest nicht an Sorgenfalten anzulesen. Für Saarlands Ministerpräsidentin ist es der erste Termin des Tages. Volle Konzentration auf die SR-Elefantenrunde zur Landtagswahl.

Es geht ja auch um viel. Wenn die CDU-Frau am 26. März verliert, will sie die Landespolitik aufgeben, hat sie angekündigt. Und das kann passieren, sagen Umfragen - auch die, die später, zu Beginn der Runde, verkündet wird. Ist es da ein Omen, dass SPD-Herausforderin schon vor Kramp-Karrenbauer da ist? Zumindest stilistisch ist Anke Rehlinger aber nah an ihrer Konkurrentin. Freudig schreitet die 40-Jährige in Schwarz-weiß knapp zehn Minuten zuvor in die Maske.

Auch die Herren des Abends, unisono im Anzug, treffen bis kurz vor acht ein. Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine (73), der hofft, dass der 26. März Rot-Rot wird. FDP-Chef Oliver Luksic (37), der nach fünf Jahren in den Landtag zurück will. Hubert Ulrich (59), der darauf setzt, dass seine Grünen weiter drinbleiben dürfen. Und Rolf Müller (66), der Grund zur Annahme hat, dass seine AfD sicher einzieht.

Neben den Piraten ist auch die NPD nicht dabei, weil ihre Klage gegen den SR auf Teilnahme scheiterte. 20.15 Uhr dann der Anpfiff. 90 Minuten, sechs Spitzenkandidaten. Lange war eine Saarland-Wahl nicht mehr so spannend. Entsprechend die TV-Debatte mit dem verheißungsvollen Titel "Endspurt"? Nach eher lauen Auftritten vergangener Jahre kreist im Jahr des Schulz-Effekts mindestens das Thema mit Blutdruck-Potenzial über der Runde. Rot-Rot wäre ein "klarer Rückschritt", hatte die Ministerpräsidentin noch am Tag vor der Debatte erklärt.

Aber danach sieht es aus, wie es die SR-Moderatoren Roman Bonnaire und Norbert Klein sogleich verkünden. Nach dem taufrischen Saarland-Trend der ARD käme die CDU im Saarland am Wahlsonntag auf 35 Prozent der Stimmen. Kopf an Kopf die SPD mit 34 Prozent, dahinter die Linke mit 13, die AfD mit 6,5. Grüne und FDP wären mit 4,5 beziehungsweise drei Prozent raus. Bedeutet: Der Trend zu Rot-Rot verfestigt sich.

Schockiert reagiert die Ministerpräsidentin in ihrem ersten Statement nicht. Dass es spannend werde, sei klar gewesen. Wer eine "Regierung der Mitte" wolle, müsse eben die CDU wählen. Anke Rehlinger freut sich neben dem Schulz-Effekt auch über das "Potenzial der SPD, das wir heben können". Dass eine "Wechselstimmung greifbar ist", kommentiert Lafontaine. Die Grünen wollen "weiterkämpfen", sagt Ulrich. Die FDP setzt auf Wähler, die "Rot-Rot verhindern" wollen.

Rot-roter Horizont hin oder her, die Sendung will den Kandidaten in Sachthemen auf den Zahn fühlen. So ziale Gerechtigkeit, Bildung, Energie, Arbeit, Sicherheit. Neben den Moderatoren stellen auch Zuschauer und Schüler von Gymnasien in Saarlouis und Merzig Fragen, die zu Gast im Studio sind. Das passt zum Wahlkampf-Thema rund um die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9), die die SPD verspricht. Bei dem Thema wird der Ton zwischen den Spitzenkandidatinnen, die derzeit in der Landesregierung noch zusammenarbeiten, rauer. Die SPD wolle eine - selbst mitgetragene - "Fehlentwicklung" (wie G8) korrigieren, sagt Rehlinger. Kramp-Karrenbauer bleibt mit ihrem Werben für ein Beibehalten der Struktur in der Runde allein.

Abgesehen davon verharrt der Konflikt-Faktor der beiden Damen auf niedrigem Niveau. Rehlinger wirkt forscher, Kramp-Karrenbauer verteidigt in sachlichem Stil ihre Regierungsbilanz. Heftig diskutiert wird dennoch in der Runde, öfter auch über bundespolitische Themen. Die vielleicht größte - und einheitliche - Emotion von fünf Kandidaten löst die Kritik des AfD-Kandidaten Müller an der "sogenannten Flüchtlingspolitik" aus. Den AfD-Vorwurf, dafür an anderer Stelle gespart zu haben, weist nicht nur die Regierungschefin "entschieden" zurück. Erhobene Stimmen im Elefanten-Plenum gibt es auch beim aktuellen Streitthema Windkraft. Vor allem Hubert Ulrich stellt sich der Kritik Lafontaines am Ausbau im Wald entgegen.

In ihren Schluss-Plädoyers erklären die Kandidaten kurz, "was wäre, wenn" sie die Wahl gewinnen. In neun Tagen wissen sie, ob das klappt.

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