Kritik und überraschendes Lob für Kramp-Karrenbauer

Saarbrücken · Ministerpräsidentin verteidigt ihr Wahlkampf-Verbot für türkische Poltiker im Saarland. Die Opposition wirft ihr Wahlkampf vor. Und es gibt Warnungen.

Es gab einigen Spott für das "Phantomverbot". Von Wahlkampfgetöse war die Rede. Von einem "Gag". Der Vorstoß, als erstes Bundesland Wahlkampf-Auftritte türkischer Politiker zu verbieten, hat Saarlands Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) Skepsis und Kritik beschert - aber auch Lob. Am Tag nach der Ansage ging die SPD auf Distanz. Und ein deutsch-türkischer Kulturverein warnte vor Gefahr. Weil im Saarland derzeit gar keine Wahlkampf-Auftritte für das umstrittene Verfassungsreferendum in der Türkei geplant sind, sprach nicht nur "Spiegel online" von einem "Phantomverbot". Die Saar-Grünen warfen der Ministerpräsidentin ein "Wahlkampfmanöver" und "Stimmungsmache ohne Faktengrundlage" vor. "Prophylaktische Verbote ohne konkreten Anlass" polarisierten die türkischen Mitbürger und werteten letztlich Staatspräsident Erdogan und seine Politik als Märtyrer" auf, sagte Vize-Fraktionschef Klaus Kessler.

Dasselbe fürchtet Akdeniz Irfan vom "Atatürk Bildungs- und Kulturverein Saarbrücken und Umgebung". Sein Verein, der Erdogans geplantes Präsidialsystem ablehnt, hat zwar Verständnis für den Wunsch nach Verboten. Aber solche können "Erdogan und der AKP sogar helfen". Die "Opferrolle durch ein Verbot" würde dem Präsidenten beim Referendum im April womöglich zusätzliche Stimmen bringen, warnte Irfan.

Überraschende Zustimmung erfuhr Kramp-Karrenbauer von den Saar-Linken. "Die Entscheidung ist richtig, ist aber auch Wahlkampftheater, weil bis jetzt kein türkischer Politiker hier auftreten will", sagte Fraktionschef Oskar Lafontaine der SZ. "Wichtiger wäre es, wenn Bundeskanzlerin Merkel ihre allzu nachgiebige Haltung gegenüber Erdogan aufgeben würde." Darauf verwies auch die Saar-FDP, die von einem "Wahlkampf-Gag" sprach. Als nächstes gebe es wohl ein Präventiv-Verbot für Auftritte von Donald Trump. Geteilter Meinung waren auch die Saarländer. Auf der Facebook-Seite der "Saarbrücker-Zeitung" wurde das Verbot viel und kontrovers diskutiert.

Den Wahlkampf-Vorwurf wies Kramp-Karrenbauer unterdessen zurück. "Ich habe schon sehr früh angesagt, dass ich mir wünsche, dass wir in Europa insgesamt keine gegenseitigen Wahlkampfbesuche haben", sagte die CDU-Politikerin im ZDF-"Morgenmagazin". Ebendort ging SPD-Kontrahentin Anke Rehlinger auf Distanz - nachdem sie tags zuvor Unterstützung für das Verbot signalisiert hatte. "Die Ministerpräsidentin löst damit eher weniger ein real existierendes Problem des Landes als mehr das real existierende Problem der CDU bei uns im Bundesland", sagte Rehlinger. Kramp-Karrenbauer verteidigte ein Verbot mit zunehmenden deutsch-türkischen Spannungen. Nach dem Aufenthaltsgesetz könnten türkische Wahlkampfauftritte verhindert werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort