Noch keine Panik in Rom

Rom · Er wollte Italien von Grund auf umgestalten, doch seine „Mutter aller Reformen“ scheiterte. Nach der Schlappe beim Verfassungsreferendum nimmt Premier Renzi seinen Hut. Wer übernimmt?

Eigentlich sollte Pier Carlo Padoan gestern seine Kollegen treffen. Aber vom italienischen Wirtschafts- und Finanzminister war bei der Sitzung der Eurogruppe keine Spur. Padoan musste nach dem Rücktritt von Matteo Renzi nicht nur die finanzpolitischen Fäden in Rom zusammenhalten. Beobachter rechnen damit, dass der 66-Jährige in den nächsten Wochen von Staatspräsident Sergio Mattarella als neuer Premier zur Bildung einer Übergangsregierung beauftragt werden könnte.

Padoan war auf Drängen von Ex-Staatspräsident Giorgio Napolitano von Renzi 2014 in dessen Regierung aufgenommen worden. Auf das internationale Profil des ehemaligen Ökonomieprofessors wollte Napolitano nicht verzichten. Gestern zeigten sich auch die EU-Spitzen angetan. Der Minister sei "ein Mann von hoher Qualität, der Italien Glaubwürdigkeit verliehen hat", urteilte EU-Währungskommissar Pierre Moscovici. Auch angesichts dieser Aussichten blieben die für den Rücktritt der Regierung Renzi erwarteten Turbulenzen an den Finanzmärkten zunächst aus.

Präsident Mattarella war gestern ebenfalls um beruhigende Worte bemüht. Die hohe Wahlbeteiligung sei "Beweis für eine starke Demokratie, für ein leidenschaftliches Land". Er mahnte die Institutionen zu Respekt im Hinblick auf die anstehenden "Probleme" und "Fristen". Mattarella bestätigte damit seine Linie, zunächst keine Neuwahlen anzusetzen. Das hatten die 5-Sterne-Bewegung um den Komiker Beppe Grillo sowie die fremdenfeindliche Lega Nord gefordert. Mattarellas Worte wurden als Hinweis auf die Notwendigkeit verstanden, ein neues Wahlrecht durchs Parlament zu bringen. Nach dem Scheitern der Verfassungsreform gelten verschiedene Wahlgesetze für Abgeordnetenhaus und Senat. Die künftige Regierung hat daher die primäre Aufgabe, ein neues und praktikables Wahlrecht zu verabschieden. Besonders kritisch ist außerdem die Lage der italienischen Banken. Da er über große finanzpolitische Erfahrung verfügt, käme nicht wenigen Protagonisten in Rom für diese undankbaren Aufgaben eine Regierung Padoan gerade recht.

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