Ein Rücktritt als „einzig richtige Konsequenz“

Mettlach · Die Mauschelvorwürfe gegen namhafte Politiker aus Mettlach waren in der Vermietungsaffäre ums Saarhölzbacher Flüchtlingsheim immer lauter geworden. Jetzt kostet diese SPD-Rathauschef Carsten Wiemann das Amt.

 Steht im Zentrum der Mettlacher Immobilienaffäre: das ehemalige Hotel-Restaurant „Auf Kappelt“ in Saarhölzbach. Foto: Krewer

Steht im Zentrum der Mettlacher Immobilienaffäre: das ehemalige Hotel-Restaurant „Auf Kappelt“ in Saarhölzbach. Foto: Krewer

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Noch am Montag hatte sich Carsten Wiemann kämpferisch gegeben: "Nach jetzigem Stand werde ich nicht zurücktreten", ließ der Bürgermeister von Mettlach einen Journalisten wissen, als dieser ihn nach persönlichen Konsequenzen aus der Immobilienaffäre um das ehemalige Gasthaus "Auf Kappelt" gefragt hatte. Gestern warf der 49-Jährige nun doch das Handtuch - nach Informationen unserer Zeitung einen Tag nach einem Sechs-Augen-Gespräch mit der SPD-Kreisvorsitzenden und stellvertretenden Ministerpräsidentin Anke Rehlinger und der Partei-Generalsekretärin Petra Berg . In dieser Unterredung sei die Situation, in der Wiemann und mit ihm seine Partei steckten, als außerordentlich problematisch und kompliziert eingeschätzt worden.

In den vergangenen Wochen war die Kritik an Wiemann, seit genau fünf Jahren Verwaltungschef der Keramikgemeinde, immer lauter geworden. Stein des Anstoßes: die Anmietung des ehemaligen Gasthauses "Auf Kappelt" als Flüchtlingsunterkunft. 5000 Euro Netto-Kaltmiete zahlt die Gemeinde dafür an die Gesellschaft Grüner Kreis Immobilien (GKI), an der ranghohe SPD-Politiker aus der Gemeinde beteiligt waren oder sind - und für einige Zeit auch Wiemanns Ehefrau als Gesellschafterin.

Dass er dies erst eingeräumt hatte, als entsprechende Medienberichte unmittelbar bevorstanden, gehört zu den "Kommunikationsfehlern" und "Fehleinschätzungen", die Wiemann am Montag auf einer Pressekonferenz noch eingestanden hatte. Ganz ähnlich liest es sich in seiner Rücktrittserklärung von gestern: "Ich entschuldige mich dafür, dass ich die Lage teilweise falsch eingeschätzt und unangemessen kommuniziert habe." Ebenso hatte Wiemann die tatsächliche Höhe der Kaltmiete erst öffentlich gemacht, nachdem die Saarbrücker Zeitung Details aus dem lange geheim gehaltenen Mietvertrag zwischen Gemeinde und GKI enthüllt hatte. Eine rechtliche Wertung der Vorgänge rund um die Anmietung von "Auf Kappelt" durch die Kommunalaufsicht im Innenministerium steht noch aus, deren Prüfung dauert nach wie vor an.

Die SPD-Kreisvorsitzende und stellvertretende Ministerpräsidentin Anke Rehlinger erklärte gegenüber der SZ, mit seinem Rücktritt übernehme Wiemann die gebotene politische Verantwortung. Und: "Es ist der notwendige und der richtige Schritt, um einen weiteren Ansehensverlust der Gemeinde zu verhindern und zugleich Schaden von sich selbst und seiner Familie abzuwenden." Die CDU-Kreisvorsitzende Helma Kuhn-Theis , die unlängst noch den Rücktritt Wiemanns gefordert hatte, sagte: "Er hat mit diesem Schritt ein bisschen Glaubwürdigkeit zurückgewonnen." Der Amtsverzicht sei "unausweichlich" und die "einzig richtige Konsequenz" zu der Affäre rund um das Gebäude "Auf Kappelt" gewesen.

Hintergrund

Rücktritte von Bürgermeistern gibt es in Deutschland selten. Kommunalrechtler Prof. Hans Herbert von Arnim führte das in einer ARD-Sendung (2010) auf eine geradezu "fantastische" Versorgung zurück. Im Saarland legte zuletzt im Februar 2011 ein Rathauschef sein Amt nieder: Der parteilose Überherrner Bürgermeister Thomas Burg erklärte damals seinen Rücktritt ohne die Nennung von Gründen.Das saarländische Beamtengesetz kennt den Begriff "Rücktritt" nicht. Ein Bürgermeister kann aber seine Entlassung verlangen. Begründen muss er den Entlassungsantrag nicht. Der Bürgermeister hat bei seinem "Rücktritt" keinen Anspruch auf ein Ruhegehalt, er wird - laut Saar-Innenministerium - in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. ineMeinung

Zwangsläufiger Rücktritt

 Gestern warf Carsten Wiemann, SPD-Verwaltungschef von Mettlach, das Handtuch. Foto: rup

Gestern warf Carsten Wiemann, SPD-Verwaltungschef von Mettlach, das Handtuch. Foto: rup

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Von SZ-Redakteur Peter Stefan Herbst

Der Rücktritt des Mettlacher Bürgermeisters Carsten Wiemann war zwangsläufig und überfällig. Mit seinem Verhalten hat er in den vergangenen Wochen immer wieder den ohnehin hoch problematischen Eindruck verstärkt, dass drei SPD-Politiker mit einer Gesellschaft, in die zu unterschiedlichen Zeitpunkten auch zwei ihrer Ehefrauen und Kinder involviert waren, ein fragwürdiges Immobiliengeschäft gemacht haben.

Mit dem Einräumen von Fehlern, der Bitte um Entschuldigung und dem Rücktritt hat sich Wiemann allerdings ein gutes Stück Anstand bewahrt. Dies erhöht den Druck auf den früheren SPD-Fraktionsvorsitzenden Markus Rausch und den ehemaligen SPD-Landtagsabgeordneten Hans-Georg Stritter. Der eine ist als Gemeinderat, der andere als Verwaltungsrat der Sparkasse Merzig-Wadern nicht mehr vermittelbar. Ihre Konsequenzen stehen noch aus. Auch die Rolle des unglücklich agierenden Ersten Beigeordneten Bernhard Schneider (CDU) ist klärungsbedürftig.

Landesweit ist der Fall eine nachdrückliche Warnung vor Interessenkonflikten, Mauschelei und Vetternwirtschaft. Leider ist die Situation in Mettlach kein Einzelfall.

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