Merkel will London Zeit bei EU-Austritt geben

London/Berlin/Brüssel · London spielt beim Thema EU-Austritt auf Zeit. Während Millionen Briten eine Wiederholung des Brexit-Referendums fordern, sind sich die anderen EU-Staaten uneins, wie hart sie mit London umgehen sollen.

Das historische Votum der britischen Wähler für den Austritt aus der EU hat Großbritannien in ein beispielloses politisches Chaos gestürzt. Millionen EU-Befürworter im Königreich forderten am Wochenende via Online-Petition eine zweite Volksabstimmung zum Verbleib in der EU. In den Medien äußerten Wähler Bedauern über ihre eigenes Nein-Votum. Das Kabinett Schottlands stimmte zu, die notwendigen Schritte für ein erneutes Unabhängigkeitsreferendum der pro-europäischen Schotten einzuleiten.

Angesichts der Lage des Königreichs waren die übrigen 27 EU-Länder gestern Abend bemüht, Druck vom scheidenden britischen Premier David Cameron zu nehmen. Es gebe in den Hauptstädten Verständnis dafür, dass Cameron beim EU-Gipfel morgen noch nicht das Austrittsverfahren förmlich auslösen werde, sagte ein EU-Diplomat gestern Abend nach einem hochrangigen Treffen. "Es gibt eine sehr bedeutende politische Krise im Vereinigten Königreich", sagte er. Das EU-Parlament verlangte dagegen von London, unverzüglich die Verhandlungen zum Austritt aus der EU einzuleiten. Dieselbe Forderung kam von den Außenministern der sechs Gründungsstaaten der europäischen Gemeinschaft am Samstag in Berlin.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU ) sagte dagegen, sie würde sich "nicht wegen einer kurzen Zeit verkämpfen". Ihr Kanzleramtsminister Peter Altmaier sagte in einem Zeitungsinterview, "die Politik in London sollte die Möglichkeit haben, noch einmal die Folgen eines Austritts zu überdenken". Der Austritt sei "ein schwerer Einschnitt mit vielen Konsequenzen". London bekräftigte, sich bis Oktober Zeit lassen zu wollen. "Das Referendum ist eine interne Angelegenheit", sagte Außenminister Philip Hammond. > Seiten A 2 und A 3: Berichte, Meinung, : Analyse

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