"Es gab ja schon viele Bischöfe vor mir"

Nein, ganz überraschend kam die vom Trierer Dompropst Werner Rössel überbrachte frohe Botschaft auch für Stephan Ackermann nicht. "Man wurde ja im Vorfeld schon mal von dem einen oder anderen darauf angesprochen", sagt der 46-Jährige, und auch in der Zeitung habe ja schließlich schon gestanden, dass er als Nachfolger von Reinhard Marx (Foto: ddp) gehandelt werde

 Der neue Bischof des Bistums Trier, Weihbischof Stephan Ackermann, vor dem Trierer Dom. Foto: dpa

Der neue Bischof des Bistums Trier, Weihbischof Stephan Ackermann, vor dem Trierer Dom. Foto: dpa

Trier. Nein, ganz überraschend kam die vom Trierer Dompropst Werner Rössel überbrachte frohe Botschaft auch für Stephan Ackermann nicht. "Man wurde ja im Vorfeld schon mal von dem einen oder anderen darauf angesprochen", sagt der 46-Jährige, und auch in der Zeitung habe ja schließlich schon gestanden, dass er als Nachfolger von Reinhard Marx (Foto: ddp) gehandelt werde. "Aber dass es dann wirklich so kommt . . ."

Am Donnerstag vergangener Woche kam es so: Da trat das 14-köpfige Trierer Domkapitel zusammen, um aus der von Rom übersandten Dreier-Liste ("Terna") den neuen Bischof zu wählen. Zwei Tage zuvor hatte der bei der Wahl federführende Dompropst die Liste vom päpstlichen Nuntius ("Botschafter") in Berlin bekommen. Endlich. Das Eintreffen der Vorschlagsliste war lang ersehnt worden. Das Murren unter den Gläubigen im Bistum wurde immer lauter; Gerüchte machten bereits die Runde: Die Liste sei längst eingetroffen, die drei Namensvorschläge vom Domkapitel aber abgelehnt worden. Oder: Man habe beim ersten Mal den ehemaligen Trierer Weihbischof Felix Genn gewählt. Genn aber habe es abgelehnt, als Bischof nach Trier zu gehen. "Alles Unsinn", sagt Rössel gestern. "Es gab nur diese eine Wahl", was auch ein anderer Domkapitular hinter vorgehaltener Hand bestätigt - diese eine geheime Wahl, bei der am vergangenen Donnerstagabend Stephan Ackermann, einer der 14 Trierer Domkapitulare, zum neuen Bischof gewählt wurde. "Ein großer Tag für unser Bistum", sagt Rössel, "ein großes Glück", sagt Interimsbischof Robert Brahm.

Dass sich die beiden Kirchenoberen mit ihrer Meinung in guter Gesellschaft befinden, ist kurz zuvor im Dom zu spüren. Es ist gegen Ende der Chrisam-Messe, als sich plötzlich Dompropst Rössel im Chorgestühl erhebt und nach vorne, neben dem Altar zum Mikrofon geht. "Das lange Warten hat sich gelohnt", sagt er, "es war nicht umsonst, wir haben einen neuen Bischof." Als Rössel dann sagt, dass es Weihbischof Ackermann ist, brandet im voll besetzten Dom Beifall auf, erheben sich die Gläubigen von ihren Plätzen. Erst nach mehreren Minuten ebbt der Applaus ab. "Er war mein absoluter Wunschkandidat", sagt eine Frau, "so ein menschenfreundlicher Bischof", freut sich eine andere. Was man an diesem Vormittag im Trierer Dom immer wieder hört: In seinen erst knapp drei Jahren als Weihbischof hat Ackermann bereits die Herzen vieler Gläubiger gewonnen. Was wohl auch daran liegt, dass der für den Visitationsbezirk Trier zuständige Weihbischof viel vor Ort unterwegs ist. "Der hat seinen Bezirk im wahrsten Sinne des Wortes beackert", sagt ein Priester, der den 46-Jährigen gut kennt. Auch unter den übrigen, an diesem Morgen im Dom anwesenden rund hundert Klerikern, findet sich niemand, der an der Wahl etwas auszusetzen hat. Im Gegenteil. Selbst die als Kritiker bekannten Kirchenmänner loben Ackermann als "klugen Kopf", der "theologisch, spirituell und menschlich etwas zu bieten" habe.

Werner Rössel ist derweil froh, dass die Geheimniskrämerei um den Namen des neuen Bischofs dieses Mal weitgehend funktioniert hat. Und ein paar Geheimnisse lässt sich der Dompropst auch jetzt noch nicht entlocken, wo der Name endlich bekannt ist. Mit welchem Ergebnis sein Mitbruder Ackermann gewählt wurde oder wie oft das Trierer Domkapitel abgestimmt hat - bei diesen Fragen zuckt Rössel schmunzelnd mit den Schultern. Auch der zu Beginn der Pressekonferenz am frühen Mittag noch etwas angespannt wirkende Ackermann schmunzelt inzwischen. "Ja", sagt der 46-Jährige, "natürlich flößt mir das Bischofsamt Respekt ein. Andererseits hat es in Trier ja auch schon viele Bischöfe vor mir gegeben, das entlastet auch irgendwie." Das klingt selbstbewusst. So spricht niemand, der nun plötzlich Angst vor der eigenen Courage hätte. Trier. Dass er Bischof von Trier wird, hat Stephan Ackermann nicht wirklich überrascht. "Etwas erschrocken" sei er aber schon, sagte er am Mittwoch mit Blick auf die große Verantwortung und die Aktenberge, die ihn erwarten. Der 46-Jährige wird als zielbewusster Mensch mit lebensbejahender Frömmigkeit beschrieben. Er sei ein "froher Priester" und "begabter Verkündiger", der es verstehe, Menschen im Glauben zusammenzuführen, heißt es im Bistum. Der promovierte Theologe bezieht zu politischen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Fragen klar Stellung. So forderte er als Vorsitzender der Deutschen Kommission "Justitia et Pax" die Industrieländer zur Neuordnung des globalen Finanzsystems auf. Die Staaten dürften sich nicht mit kurzfristigen Konjunkturprogrammen zur Ankurbelung ihrer eigenen Wirtschaft und kosmetischen Veränderungen der internationalen Finanzordnung begnügen, mahnte Ackermann, der als brillanter Redner gilt.

Ackermann stammt aus Nickenich bei Mayen. Er wurde nach dem Studium in Trier und Rom 1987 zum Priester geweiht. Bis 1991 war er Kaplan in Bad Breisig und übernahm im Herbst 1991 das Amt des Subregens am Trierer Priesterseminar. 1999 wurde er Leiter der Ausbildungsstätte. Papst Benedikt XVI. verlieh Ackermann vor vier Jahren den Titel "Ehrenkaplan seiner Heiligkeit" (Monsignore), am 14. März 2006 wurde er zum Trierer Weihbischof berufen. In diesem Amt war er vor allem für Visitationen und Firmungen zuständig. Am strikten Sparkurs, den sein Vorgänger Reinhard Marx dem Bistum verordnet hatte, will Ackermann nicht rütteln.

Für den neuen Bischof liegen Sinn und Auftrag des irdischen Lebens darin, "in Liebe zu leben". Das Einlassen auf die Botschaft Jesu Christi bedeutet für ihn, sich vor allem auf die Person Jesus einzulassen: Um den Menschen Jesus und seine Botschaft überzeugend verkündigen zu können, "müssen wir selbst in enger Verbindung zu Jesus stehen", sagt er. epd

Meinung

Faustdicke

Überraschung

Von SZ-Redakteur

Guido Peters

Marx ging, Ackermann kommt - das älteste deutsche Bistum ist für eine faustdicke Überraschung gut. Nach fast drei Jahrzehnten nimmt mit Stephan Ackermann mal wieder ein "Eigengewächs" der Diözese Platz auf dem Trierer Bischofsstuhl. In einer Zeit des gesellschaftspolitischen und innerkirchlichen Umbruchs dürfte es von Vorteil sein, einen Ex-Weihbischof aus dem eigenen Bistum an der Spitze zu wissen. Er kennt die Probleme aus dem Effeff: ob Neuzuschnitt der Dekanate, das Finanzloch im Diözesanhaushalt oder den Priestermangel. Reinhard Marx hat Pflöcke eingeschlagen. Vordringlichste Aufgabe des neuen Bischofs ist es jetzt, mit wacher Sensibilität gegenüber den Gemeinden diese Arbeit fortzusetzen.

Stichwort

Das Bistum Trier ist das älteste der 27 deutschen Bistümer. Die Stadt ist seit dem dritten Jahrhundert Bischofssitz. Das Bistum im Südwesten Deutschlands umfasst die ehemaligen Regierungsbezirke Trier und Koblenz sowie weite Teile des Saarlandes. Im Bistum leben 2,5 Millionen Menschen, darunter 1,53 Millionen Katholiken. Eine unter dem früheren Bischof Reinhard Marx begonnene Strukturreform löste die früheren sieben Regionen des Bistums auf und schuf 35 Dekanate in drei Visitationsbezirken. epd

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