Renommiert, parteilos – unbequem: Über die öffentliche Abrechnung mit einer Baudezernentin

Der Stadtrat trennt sich von Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer. SPD, Grüne und Linke werfen ihr Bürgerferne vor.

 Die Berliner Promenade 2008 (oben) und heute: Rena Wandel-Hoefer ist im Rahmen des Projekts „Stadtmitte am Fluss“ für ihre Umgestaltung verantwortlich. Fotos: Lucas und Lucas, LHS, b&b

Die Berliner Promenade 2008 (oben) und heute: Rena Wandel-Hoefer ist im Rahmen des Projekts „Stadtmitte am Fluss“ für ihre Umgestaltung verantwortlich. Fotos: Lucas und Lucas, LHS, b&b

 Die Berliner Promenade heute: Rena Wandel-Hoefer ist im Rahmen des Projekts „Stadtmitte am Fluss“ für ihre Umgestaltung verantwortlich

Die Berliner Promenade heute: Rena Wandel-Hoefer ist im Rahmen des Projekts „Stadtmitte am Fluss“ für ihre Umgestaltung verantwortlich

Foto: b&b

Als sie am Montag um 22.15 Uhr der Anruf erreichte, war Rena Wandel-Hoefer auf der Rückfahrt aus Luxemburg. Dort hatte die Saarbrücker Baudezernentin als Expertin an einer Diskussionsrunde teilgenommen. Timo Lehberger, Fraktionschef Bündnis 90/die Grünen teilte ihr mit, dass die Mehrheit im Saarbrücker Rat (Grüne, Linke und SPD ) sie nicht für eine zweite Amtszeit wählen würde. Vorher schon war bekannt, dass die Wahl um eine Woche verschoben werden sollte. Keine 24 Stunden nach dem Anruf verkündete die Koalition per Pressemitteilung, sie werde Rena Wandel-Hoefer nicht mehr wählen. In der Stadtratssitzung am Dienstagnachmittag stellte sie erwartungsgemäß den Antrag, die Dezernentenwahl von der Tagesordnung zu nehmen. SPD-Chef Peter Bauer nutzte die Chance zur öffentlichen Abrechnung mit der Dezernentin - warf ihr unter anderem Bürgerferne vor. CDU und Alfa (Allianz für Fortschritt und Aufbruch) verließen empört über diese Art des Umgang den Saal.

Während der Stadtratssitzung, die das Ende ihrer Amtszeit besiegelt, blieb Rena Wandel-Hoefer scheinbar regungslos. Am nächsten Morgen steht in ihrem Kalender ein Treffen, bei dem es um die Zukunft der Projektgruppe "Stadtmitte am Fluss" geht. "Meine Teilnahme bin ich den Mitarbeitern schuldig", sagt sie.

Vorher nimmt sie sich noch die Zeit, uns die Frage zu beantworten, ob sie überrascht war von der Entscheidung der Saarbrücker Ratsmehrheit. Es habe sie nicht überrascht, "dass sie mich loswerden wollen". Aber sie habe nicht erwartet, dass es auf diese Art und Weise geschehen würde.

Wenn der Saarbrücker Rat sich kommenden Dienstag mit der erneuten Ausschreibung der Baudezernentenstelle, auf die sich in der ersten Runde zehn Bewerber gemeldet hatten, beschäftigt, wird Rena Wandel-Hoefer dabei sein. Im Februar 2016 erst sind ihre acht Jahre um. Was danach kommt, darüber möchte sie nicht sprechen. Bestimmt gibt es persönlich einiges aufzuarbeiten von dieser Begegnung der Freiberuflerin mit Politik und Verwaltung. Sicher ist sie sich, dass sie im Gestaltungsbeirat der Stadt Wiesbaden bleiben möchte. Ein solches Gremium hat sie als Baudezernentin auch für Saarbrücken ins Leben gerufen. Besetzt ist es mit Architekten aus Stuttgart, Frankfurt und Luxemburg.

Als Rena Wandel-Hoefer 2007 auf Vorschlag der CDU zur Baudezernentin gewählt wurde und 2008 ihr Amt antrat, setzte man hohe Erwartungen in sie. "Stadtmitte am Fluss", das Großprojekt, das mehr Ruhe und mehr Raum in die Innenstadt bringen sollte, ist das Vorhaben, das eng mit ihrem Namen verknüpft ist und bleibt. Zunächst voller Erwartungen und Vorschusslorbeeren, dann für viele voller Enttäuschung. Für den Autobahntunnel, den sie für wichtig hält, fehlte es an Geld, aber auch an Mut und an Unterstützern. An der Berliner Promenade muss immer wieder nachgebessert werden. Große Projekte gehen nirgendwo leicht von der Hand, in Saarbrücken auch nicht.

Bestimmt lag ein Teil des Unmutes über die Baudezernentin auch daran, dass die Saarbrücker vieles, was in der Stadt geplant und gebaut wurde, kritisch sehen, weil man es ihnen nicht ausreichend erklärt hatte. Kurz vor der Entscheidung gegen die Baudezernentin wurde im Saarbrücker Stadtteil Burbach ein Problem offensichtlich, das schon lange besteht: Die Stadtteile fühlen sich durch die Konzentration auf die Stadtmitte abgehängt, benachteiligt. Was nützen, war aus Burbach zu hören, Stadtteilkonferenzen mit der Bauverwaltung, wenn dann die Wünsche der Bürger doch nicht umgesetzt werden? Solche Kritik ist für Stadtverordnete möglicherweise schwerer zu ertragen als wackelnde Betonplatten. Denn die, die sie äußern, das sind eben nicht nur Einwohner Saarbrückens, das sind potenzielle Wähler.

Rena Wandel-Hoefer hatte sich dazu im Juli, als feststand, dass sie sich noch einmal bewerben wollte, öffentlich geäußert. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagte sie damals: "Ich weiß, dass ich anstrengend bin für die Mitarbeiter und auch für die Politik."

Und obwohl parteilos und somit nur der Sache verpflichtet, weiß sie natürlich, wie Politiker ticken. Und sie weiß auch, dass Parteien durch öffentliche Kritik ihre Chancen auf Wiederwahl beeinflusst sehen. Aus dem Interview im Juli stammt Wandel-Hoefers Äußerung: "Wenn ich quasi die Achillesferse von Parteien bin, die das Gefühl haben, ich vermassele ihnen den Wahlkampf, müssen die entscheiden, ob sie mich wieder wollen. Ich möchte meine Arbeitsweise nicht grundsätzlich ändern." Eine klare Ansage, auf die die Saarbrücker Ratsmehrheit jetzt eine ebenso klare Antwort gegeben hat.

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