Neue Chance für Maut-Ausnahme im Saarland?

Brüssel/Saarbrücken · Die Maut kommt in Deutschland. Dafür hat Brüssel bereits grünes Licht gegeben. Allerdings seien Ausnahmen für Grenzregionen weiter möglich, heißt es jetzt aus der Kommission. Das würde nicht nur das Saarland freuen.

 Willkommen in Deutschland. Genauer: am Grenzübergang Goldene Bremm in Saarbrücken. Setzt sich die CSU vollends durch, müssen Autofahrer stets ab dieser Stelle Maut zahlen.

Willkommen in Deutschland. Genauer: am Grenzübergang Goldene Bremm in Saarbrücken. Setzt sich die CSU vollends durch, müssen Autofahrer stets ab dieser Stelle Maut zahlen.

Foto: Becker&Bredel

Samstag, Sonne, der Mann auf Dienstreise: "Ein guter Moment für einen Einkaufsbummel", denkt Madame Roussel aus Forbach. Ab ins nahe Saarbrücken. Aber nicht über die Autobahn. Die Deutschen verlangen ja schon direkt an der Grenze Maut . Für das Geld gibt's ein Eis für Tochter Yvette und Sohn Pierre. Alle Mann ins Auto, samt Hund Filou. Und ab geht die Fahrt. Bis zur Metzer Straße. Stau-Alarm. In Zeitlupe schiebt sich das Auto der Roussels Richtung Innenstadt. Der Hund bellt, die Kinder jammern und Madame Roussel ist sich sicher: "Den Stress tue ich mir nicht mehr an. Nächstes Mal bleiben wir in Frankreich."

Noch ist diese Szene nicht real. Aber es könnte so kommen, wenn die CSU ihre Maut-Pläne tatsächlich verwirklicht. Doch jetzt gibt es Signale aus Brüssel, die den Saarländern Hoffnung machen - und neuen Ärger für die Koalition in Berlin bedeuten. Vor wenigen Tagen schickte Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried einen Beschwerdebrief an die EU-Kommission. Deren Antwort steht zwar noch aus. Vorab gab es aber schon eine mündliche Klarstellung, die aufhorchen lässt. So heißt es aus dem Umfeld von EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc, es gebe "noch einen gewissen Spielraum", mit dem Deutschland seinen Nachbarländern entgegenkommen könnte. Man denke dabei an einen Wegfall der Straßenbenutzungsgebühren im grenznahen Raum, wie dies in Frankreich der Fall ist.

Genau darauf haben Regionen wie das Saarland gedrängt, weil sie um den regen Verkehr über die Grenzen hinweg fürchten. Immer wieder waren aus der Staatskanzlei des Saarlandes kritische Töne zu hören. Und Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD ) warnte jüngst in der SZ: "Wir haben zu Frankreich und Luxemburg mehr als 160 Kilometer Grenze. Wie soll eine Maut da folgenlos bleiben?" Für die Industrie- und Handelskammer war die Maut schlicht eine "Eintrittsbarriere für unsere Nachbarn". Mit womöglich dramatischen Folgen: Allein in Saarbrücken machen die Franzosen 30 Prozent der Handelskunden aus, meldet der Regionalverband, der um den Wegfall der Einkaufstouristen zittert. Ferner kommen neun von zehn deutsch-französischen Berufspendlern aus Frankreich.

Nur: Bislang hat sich die CSU wenig gesprächsbereit gezeigt, wenn es um Ausnahmen für Grenzregionen ging. Und die Christsozialen sind es auch jetzt nicht. "Wer sich über die deutsche Pkw-Maut beschwert, muss sich zuerst einmal fragen lassen, ob er selbst seine eigenen Systeme für den kleinen Grenzverkehr geöffnet hat", sagte der Europa-Abgeordnete und Verkehrsexperte Markus Ferber (CSU ) gegenüber der SZ. Er verwies vor allem auf Österreich, das alle "Ausnahmen bei der Maut im grenznahen Raum abgeschafft" habe. Zudem gebe es auch "keine Notwendigkeit, den grenznahen Raum zu entlasten". Die Staffelung der deutschen Pkw-Maut - sie beginnt bei fünf Euro für eine Kurzzeit-Vignette - sei "fair und gerecht".

Zwingen kann die EU Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU ) nicht. Für die Kommission, erklärte ein Sprecher, sei entscheidend, "dass es keine Eins-zu-eins-Kompensation gibt". Eine Diskriminierung aufgrund "des Kennzeichens - ob das jetzt ein deutsches, ein österreichisches oder ein anderes ist - gibt es nicht". Hier herrschen allerdings massive Zweifel. Schließlich bestehe eine "indirekte Benachteiligung aus Gründen der Staatsangehörigkeit", meint Leichtfried. Denn deutsche Autobesitzer würden den vollen Mautbetrag erstattet bekommen, während ausländische Fahrer ihn zu bezahlen hätten.

Österreich will nun bis Mitte Januar auf Beamtenebene eine Koalition der Maut-Gegner schnüren, an der auch die Niederlande und Belgien teilnehmen dürften. Unklar scheint, ob sich dieser auch östliche Mitgliedstaaten anschließen und womöglich Klage vor dem EU-Gerichtshof erheben. "Das wäre ein guter und vernünftiger Weg", sagt der CSU-Politiker Ferber. "Dann würde das höchste europäische Gericht nämlich endlich klarstellen, welche Grundsätze für eine Maut in Europa gelten." Dass Deutschlands Maut unter die Räder kommt, fürchtet man in Berlin offenbar nicht. "Das Paket wird europa-rechtskonform sein", betonte man im Bundesverkehrsministerium. Doch vielleicht besteht noch Hoffnung für Madame Roussel - und auch für die Saarländer.

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