Politik plant härtere Strafen für Unfall-Gaffer

Berlin/Saarbrücken · Immer häufiger behindern Gaffer die Erste Hilfe für Verunglückte. Mehr noch: Unfallopfer werden mit dem Handy aufgenommen, statt ihnen zu helfen. Die Bundesländer wollen jetzt das Strafrecht verschärfen.

 Schaulustige sind nicht selten ein großes Ärgernis. Foto: Fotolia

Schaulustige sind nicht selten ein großes Ärgernis. Foto: Fotolia

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Die Politik will sogenannte Gaffer an Unfallstellen deutlich stärker zur Rechenschaft ziehen und härter gegen die sich offensichtlich ausbreitende Sensationslust vieler Bürger vorgehen. An diesem Freitag wird der Bundesrat erstmals über eine von der niedersächsischen Landesregierung initiierte Gesetzesverschärfung beraten. Geplant ist demnach, den Paragrafen 201a des Strafgesetzbuches erheblich zu erweitern.

Schon jetzt gilt, dass sich strafbar macht, wer Fotos oder Videos anfertigt, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen. Allein das Betätigen des Auslösers reicht schon, es drohen bis zu zwei Jahre Gefängnis. Wird der Gaffer auf frischer Tat ertappt, kann die Polizei Handy oder Kamera einziehen. Tote sind von dieser Vorschrift aber nicht erfasst. Deswegen soll die Regelung auf Verstorbene ausgedehnt werden. Zudem wird vorgeschlagen, "die Behinderung von Hilfeleistungen" durch Rettungsdienste mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe zu belegen. Bisher sind nur Angriffe auf Helfer strafbar.

Auslöser für die Bundesratsinitiative war im Vorjahr ein Unfall in der Stadt Bremervörde. Zwei Menschen kamen ums Leben, als ein Auto in eine Eisdiele raste. Drei Männer hatten die Rettungsarbeiten fotografiert. Als sie aufgefordert wurden, dies zu unterlassen, lieferten sie sich mit der Polizei eine Rangelei. Die Drei müssen sich nun vor Gericht verantworten.

Inzwischen, so der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft , Rainer Wendt, gebe es kaum noch Unfälle, bei denen nicht Schaulustige und Sensationshungrige ihr Unwesen trieben. "Das ist eine mentale Verrohung, die entsetzt", sagte Wendt der SZ: "Die Leute machen sich überhaupt keine Gedanken mehr, was sie da an einem Unfallort eigentlich tun."

Gemeint sind Vorfälle wie zuletzt in Ingelheim, wo Gaffer einen sterbenden Radfahrer filmten. Oder in Hagen, wo die Hilfe für ein verunglücktes Kind massiv durch Schaulustige behindert wurde. Die Polizeigewerkschaft fordert in solchen Fällen eine deutliche Erhöhung der Strafzahlungen. Zwar kann schon jetzt ein Bußgeld von 20 bis zu 1000 Euro verhängt werden. "Wenn Gaffen aber zu einem Straftatbestand wird, dann reden wir gleich über 500 oder 1000 Euro", erklärte Wendt.

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