Gauck fordert Mäßigung im Flüchtlingsstreit

Berlin/Saarbrücken · Bundespräsident Gauck hält die Demokratie in Deutschland für stark genug, um mit populistischen Strömungen fertig zu werden. Das sagte das Staatsoberhaupt unserer Zeitung.

Bundespräsident Joachim Gauck hat die Parteien in scharfer Form zu Mäßigung im Streit um die Flüchtlingspolitik aufgerufen. In einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung sagte Gauck, wer in der Debatte unterschlage, dass die Regierung intensiv an den Problemen arbeite und den Zuzug schon eingeschränkt habe, fördere das Misstrauen in die Politik und trage zum rauer werdenden gesellschaftlichen Klima bei. "Er heizt auch die Stimmung eines Teils der Bevölkerung gegen Flüchtlinge an", ergänzte Gauck. Der Präsident nannte keine Namen, spielte aber offensichtlich auf die CSU an.

Er warne davor, "wenn Parteien des demokratischen Spektrums so tun, als könne man die Republik nur dann in sicheres Fahrwasser bringen, indem man die Angstmache einer Minderheit ins Zentrum der Politik rückt. Das kann nicht gut gehen." Gauck forderte von der etablierten Politik "mehr Mut". Statt Ängste noch zu verstärken, solle sie die Bürger lieber daran erinnern, "dass dieses Land in den vergangenen Jahrzehnten einige ernsthafte Krisen unterm Strich sehr gut bewältigt hat". Es werde auch die Herausforderung der Flüchtlingskrise meistern.

Zugleich betonte der Bundespräsident, dass er die Demokratie in Deutschland für stark genug halte, um mit populistischen Strömungen fertig zu werden. Es gehe zwar "die eine oder andere Angstwelle" durch das Land, die von populistischen Bewegungen aufgenommen werde, sagte er. "Aber sie werden sich die Zähne ausbeißen an der deutschen Demokratie . Sie werden nicht gewinnen." Der 76-Jährige sieht in Deutschland nach wie vor keine antidemokratischen Mehrheiten. Verglichen mit anderen Teilen Europas und der Welt seien der Rechtsstaat und die Demokratie hierzulande noch sehr gut verankert.

Dass in den neuen Bundesländern die Fremdenfeindlichkeit höher ist als im Westen der Republik, erklärte Gauck damit, dass sich viele mit der neuen Freiheit überfordert fühlten. Es gebe keine "Charaktermauer", aber im Osten gebe es viel weniger Erfahrung mit der offenen Gesellschaft von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion. > : Interview

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