Experten zweifeln an Dobrindts Maut-Plänen

Berlin/Saarbrücken · Union und SPD im Bundestag werden die Pkw-Maut wohl billigen. Grenzregionen müssen auf Gerichte hoffen. Experten sehen europarechtliche Probleme der Abgabe.

Experten haben große Zweifel an Rechtmäßigkeit und Nutzen einer Pkw-Maut. Das wurde gestern bei Anhörungen im Bundestag deutlich. Gleich in drei Bundestagsausschüssen wurden Fachleute zu dem von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verfolgten Abgabe befragt, gegen die auch das Saarland mit Blick auf Folgen für den kleinen Grenzverkehr seinen Widerstand angekündigt hat.

Normalerweise werden bei den Anhörungen nur noch kleinere Änderungen angeregt. Bei der Maut aber zeigten sich erhebliche Unterschiede in der Bewertung zum Beispiel mit Blick auf das Europarecht. Den ersten Gesetzentwurf hatte Dobrindt nach Einwänden aus Brüssel zurückziehen müssen. Beim zweiten sagte gestern zwar Jura-Professor Christian Hillgruber aus Bonn, das Vorhaben sei nicht zu beanstanden sei. Dagegen stellte Franz C. Mayer aus Bielefeld, fest: "Die Maut ist auch mit den Änderungen europarechtswidrig."

Noch krasser geht es bei den Einnahmen zu. Laut Dobrindt soll die Maut 500 Millionen jährlich bringen. Der vom ADAC beauftragte Verkehrsexperte Ralf Ratzenberger rechnete jedoch vor, dass die Maut wegen des Verwaltungsaufwandes - die Vignetten müssen verkauft, kontrolliert und alle Kfz-Bescheide neu formuliert werden - dem Staat am Ende 100 bis 250 Millionen Euro jährlich kosten werde. Hintergrund sind unterschiedliche Erwartungen über die einreisenden Ausländer, ob sie etwa Tages-, Wochen- oder Jahresvignetten kaufen? Je nach Annahmen unterscheiden sich die von den Ausländern zu erwarteten Einnahmen dann zwischen 878 Millionen Euro (Dobrindt) und 342 Millionen Euro im Jahr (Ratzenberger). Dobrindt erhielt gestern Unterstützung von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er habe "keine Veranlassung", den Zahlen Dobrindts zu zweifeln. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol deutete daher an, dass man nun zustimmen werde. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter erklärte die Maut-Abstimmung zur "Nagelprobe" für die Genossen. Sie müssten entscheiden, ob "ihnen haushalterische Vernunft und Rechtssicherheit oder die Profilierung von Dobrindt und Seehofer wichtiger sind", sagte er der SZ.

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