Steuerzahlerbund warnt vor zu teurem Bundestag

Berlin · Der kommende Bundestag könnte wegen des komplizierten Wahlrechts 120 Abgeordnete mehr haben als der aktuelle, warnt der Steruerzahlerbund. Eine Wahlrechtsreform ist aber nicht absehbar.

Der Steuerzahlerbund hat eindringlich vor einem "Bläh-Bundestag" gewarnt und fordert eine Reform in letzter Minute. Sein Präsident Rainer Holznagel schlug für die Wahl im September eine Begrenzung auf 630 Sitze vor, wie das Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU ) schon getan hatte. In der übernächsten Periode sollte er gar auf 500 begrenzt werden, so Holznagel.

Wenn es so bliebe wie jetzt, könnten im kommenden Bundestag bis zu 750 Abgeordnete sitzen statt jetzt 630, so die Warnung des Interessenverbandes der Steuerzahler. Das koste dann bis zu 128 Millionen Euro mehr pro Jahr.

Das Problem entsteht durch die Besonderheit des deutschen Wahlrechts. Parteien sollen ihrem Zweitstimmenanteil entsprechend im Parlament vertreten sein. Aber 299 Sitze sind für Direktkandidaten reserviert, die mit der Erststimme in den Wahlkreisen gewählt weren - vier im Saarland. Eigentlich sollen nur genauso viele Vertreter von Landeslisten dazukommen - macht 598. Wenn aber eine Partei mehr Direktsitze erringt, als ihr in dem Land nach den Prozenten zusteht (so genannte Überhangmandate ) werden diese über einen komplizierten Mechanismus so lange durch Ausgleichsmandate kompensiert, bis das Stärkeverhältnis aller Parteien stimmt.

Im aktuellen Bundestag hat nur die Union Überhangmandate , nämlich vier. Wenn nun mehr Parteien um Sitze konkurrieren, so steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Union mit knapp über 30 Prozent sogar mehr Wahlkreise gewinnt. Die könnten bei einer Deckelung auf 630 Sitze dann nicht mehr alle ausgeglichen werden, weshalb die SPD die Idee ablehnt.

Am Freitag kamen bei Lammert Beauftragte die Koalitionsparteien zusammen. Doch man fand erneut keinen Weg für diese Wahl. Und man verwies auf eine Berechnung des Innenministeriums, wonach der neue Bundestag nach aktuellen Umfragewerten bis zu 670 Abgeordnete haben würde, also weniger als der Steuerzahlerbund behauptet.

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