Brüssel gibt grünes Licht für geänderte Pkw-Maut

Brüssel (dpa) · Deutschland und die EU-Kommission duellierten sich erbittert um die Pkw-Maut. Nun willigt Verkehrsminister Dobrindt in Nachbesserungen ein - und Brüssel ist einverstanden. Prompt werden aber Zeifel laut.

Die EU-Kommission gibt nach jahrelangem Streit grünes Licht für ein geändertes Modell der deutschen Pkw-Maut. Inländische Autobesitzer mit besonders sauberen Wagen können damit auf stärkere Steuerentlastungen von zusätzlich 100 Millionen Euro pro Jahr hoffen.

Das sieht ein Kompromiss vor , den Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc in Brüssel besiegelten. Geändert werden müssen auch Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland. Bulc sagte, mit diesen Zusagen gebe es keine rechtlichen Bedenken wegen Benachteiligung von Ausländern mehr.

Dobrindt sagte, gemeinsames Ziel sei ein Wechsel zu einer stärkeren Nutzerfinanzierung der Straßen. Nach unterschiedliche Einschätzungen über den Weg sei man aufeinander zugegangen. Er bekräftigte: „Es wird keine Mehrbelastungen für inländische Autofahrer geben. Und zukünftig wird jeder, der unsere Autobahnen nutzt, auch einen angemessenen Beitrag an der Finanzierung leisten.“ Der Koalitionspartner SPD will den Kompromiss für die nun nötigen Änderungen der bereits geltenden Maut-Gesetze zunächst genau prüfen. Von der Opposition kam Kritik.

Dobrindt sagte auf Drängen der EU-Kommission zwei Änderungen zu. So sollen inländische Autobesitzer mit besonders sauberen Euro-6-Wagen insgesamt um 100 Millionen Euro jährlich mehr entlastet werden als geplant. Konkret sollen sie eine höhere Steuer-Entlastung bekommen, als sie Maut zahlen müssen. Das soll die zentrale Kritik aus Brüssel entschärfen. Die Kommission sieht es bisher als Benachteiligung von Ausländern an, dass Inländer für ihre Maut auf den Cent genau bei der Kfz-Steuer entlastet werden. Bulc machte deutlich, nun sei erreicht worden, dass Steuersenkung und Maut voneinander entkoppelt seien.

Als weiteres Entgegenkommen an die EU-Kommission sollen die Preise der Kurzzeitmaut für Ausländer stärker gespreizt werden - mit fünf statt drei Stufen nach Motorgröße und Schadstoffausstoß. Eine Zehn-Tages-Maut soll je nach Fahrzeugeigenschaften 2,50 Euro, 4 Euro, 8 Euro, 14 Euro oder 20 Euro kosten. Im geltenden Gesetz sind es 5, 10 und 15 Euro. Insgesamt sollen die Änderungen den erwarteten Maut-Ertrag von unter dem Strich 500 Millionen Euro im Jahr für Verkehrsinvestitionen nicht schmälern, sagte Dobrindt. Dazu solle auch beitragen, dass mehr ausländische Pkw nach Deutschland fahren.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol begrüßte, dass „jetzt wenigstens das ewige Hin und Herr vorerst ein Ende“ habe. Der neue Vorschlag sei nun genau zu prüfen. „Unsere Messlatte ist, dass es keine zusätzlichen Belastungen für deutsche Autofahrer geben darf.“ Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber sagte: „Es hat von beiden Seiten Bewegung bedurft, aber jetzt liegt eine europarechtskonforme Lösung vor.“ Er hoffe, dass dies in Berlin auch schnell umgesetzt werde, sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP).

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im EU-Parlament, Michael Cramer (Grüne), kritisierte die Kommission. Sie habe eine 1:1-Kompensation der Mautausgaben abgelehnt, finde „irrsinnigerweise jedoch nichts dabei, wenn deutsche Fahrer jetzt durch Steuersenkungen sogar überkompensiert werden sollen“.

Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) sprach von einem „faulen Kompromiss“. Er sagte der österreichischen Nachrichtenagentur APA, dass die Diskriminierung von Fahrern aus dem Ausland jetzt „ein bisschen mehr verschleiert“, aber immer noch da sei. Ob Wien eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erhebe, sei noch nicht klar. Das neue Papier müsse nun erst genau analysiert werden.

Die Kommission hatte Ende September eine Klage angekündigt. Nun will sie das gegen Deutschland laufende Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht auf Eis legen. Wegen des Rechtsstreits hatte Dobrindt die Umsetzung der Maut bis auf weiteres gestoppt. Er rechnet mit einem möglichen Start weiterhin erst nach der Bundestagswahl 2017.

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