Schäuble kündigt für 2017 leichte Steuersenkung an

Berlin (dpa) · Union und SPD steuern auf schwierige Beratungen über den Etat für das Wahljahr 2017 zu. Fest steht schon jetzt, dass die Koalition im nächsten Jahr die Steuern senkt - allerdings nicht freiwillig.

Arbeitnehmer können sich schon vom kommenden Jahr an auf geringfügige Steuerentlastungen einstellen.

Grundfreibetrag, Kindergeld, Kinderfreibetrag sowie der Steuertarif würden im Zuge des Existenzminimumberichts angepasst und Auswirkungen der sogenannten kalten Progression korrigiert, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Berlin zum Auftakt der Haushaltsberatungen des Bundestages. Angesichts der geringen Preissteigerung sei aber nur mit „begrenzten Auswirkungen“ zu rechnen. Zu den in Aussicht gestellten Steuer-Anpassungen ist die schwarz-rote Koalition allerdings größtenteils verpflichtet.

Wie zuvor Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) bezifferte auch Schäuble den Spielraum für mögliche Steuersenkungen für die Zeit nach der Bundestagswahl im Herbst 2017 auf jährlich 15 Milliarden Euro. Damit könnten und sollten vor allem kleine und mittlere Einkommen entlastet werden, bekräftigte Schäuble. Einen entsprechenden Vorstoß hatte er bereits im Frühjahr gemacht.

Die Bundesregierung muss alle zwei Jahre einen Existenzminimumbericht vorlegen. Der nächste wird für diesen Dezember erwartet. Daraus ergeben sich eine verfassungsrechtlich gebotene Anhebung des Grundfreibetrags sowie des Kinderfreibetrags. In der Regel wird dann aber auch das Kindergeld angepasst.

Zudem soll durch eine erneute leichte Änderung beim Einkommensteuer-Tarif die „Kalte Progression“ eingedämmt werden. Der Effekt entsteht, wenn Lohnerhöhungen lediglich die Inflation ausgleichen und die Kaufkraft des Arbeitnehmers nicht steigt. Durch den Tarifverlauf zahlt er dann überproportional mehr Steuern. Wegen der niedrigen Inflation ist der Effekt derzeit aber gering. 2016 hätten sich aus der „kalten Progression“ dennoch Mehreinnahmen des Staates von mehr zwei Milliarden Euro ergeben, sagte Schäuble.

Bei der Einbringung seiner Haushaltspläne mahnte Schäuble angesichts wachsender Ängste vor der Globalisierung, die Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen: „Wir müssen jetzt beweisen, dass die Integration der vielen Flüchtlinge gelingen kann.“ Und es müsse bewiesen werden, dass Sicherheitsrisiken erkannt und unter Kontrolle gebracht werden. Er sei bereit und fähig, Mittel aufzuwenden - von kommunaler Infrastruktur bis zum Kampf gegen Fluchtursachen: „Es gab und gibt keine Sparkurs in der Inneren Sicherheit.“ Spielräume würden zudem weiter vorrangig für Investitionen genutzt.

„Es hilft alles nichts: Unser Land verändert sich“, sagte Schäuble. Aber Ausmaß und Geschwindigkeit nähmen zu. Dies führe zu wachsenden Ängsten. Deutschland müsse bereit sein, Änderungen als Chance zu begreifen. Die offene und tolerante Gesellschaft dürfe nicht aufgegeben werden. „Es geht um Veränderungen, aber nicht um Selbstaufgabe“, sagte er: „Dieser Bundeshaushalt ist ein politisches Angebot für Zukunftsgestaltung - ein Programm zur Bewahrung und Erneuerung von Wohlstand und Sicherheit in unserem Land.“

Nach dem Regierungsentwurf soll der Bund trotz zusätzlicher Ausgaben zur Betreuung von Flüchtlingen und weiterer Investitionen auch in den kommenden Jahren auf neue Schulden verzichten und einen ausgeglichenen Etat mit der „Schwarzen Null“ bis 2020 halten. Dabei profitiert Schäuble auch von den extrem niedrigen Zinsen. Aus der Niedrigzinsphase komme man nur heraus, wenn es nachhaltiges Wachstum in Europa gebe, sagte er. Dies werde durch Reformen erreicht.

Aus Sicht der Linken müssten die finanziellen Rahmenbedingungen für eine Gerechtigkeitsoffensive genutzt werden. Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Gesine Lötzsch (Linke), warf Schäuble vor, einen „Nach-mir-die-Sintflut-Haushalt“ vorgelegt zu haben. Der Haushaltsexperte der Grünen, Sven-Christian Kindler, sprach von einem „Haushalt der verpassten Chancen“. Volker Wissing von der FDP kritisierte, trotz Rekordsteuereinnahmen und Niedrigstzinsen habe Schäuble „nur Peanuts für die Steuerzahler übrig“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort