Hollande-Absage eröffnet Machtkampf bei Sozialisten

Paris (dpa) · Frankreichs Staatschef François Hollande will nicht mehr für eine weitere Amtszeit kandidieren. In seinem Lager sorgt das für Erleichterung - aber auch für große Unsicherheit. Denn Premier Valls ist kein unangefochtener Nachfolger.

Der spektakuläre Verzicht des französischen Staatspräsidenten François Hollande auf eine erneute Kandidatur führt zu einem Machtkampf in seiner sozialistischen Partei.

Es wird erwartet, dass Premierminister Manuel Valls antritt - doch gegen ihn dürfte es heftigen Widerstand vom linken Flügel der Parti Socialiste (PS) geben. Mehrere Gegner haben bereits ihren Hut in den Ring geworfen, darunter der Ex-Minister und langjährige Hollande-Widersacher Arnaud Montebourg.

Valls erklärte am Freitag bei einem Auftritt im ostfranzösischen Nancy, er wolle die Bilanz der fünfjährigen Amtszeit von Hollande verteidigen. Zu seinem persönlichen Absichten äußerte er sich nicht im Detail.

Der 54-Jährige hatte in den vergangenen Wochen mehrfach erklärt, er wolle sich der Vorwahl der Linken im Januar kommenden Jahres stellen, falls Hollande nicht antrete. Unklar ist, ob ein Wahlkämpfer Valls als Regierungschef im Matignon-Palast bleibt - oder er das Amt an ein anderes Regierungs-Schwergewicht abgibt. Spekuliert wird über Bernard Cazeneuve (Inneres) oder Jean-Yves Le Drian (Verteidigung).

Hollande hatte am Donnerstagabend überraschend eingeräumt, er habe im eigenen Lager keinen breiten Rückhalt mehr. Wegen katastrophaler Umfragewerte und Widerstands im eigenen Lager konnte sich der 62-Jährige zuletzt wenig Hoffnungen auf weitere fünf Jahre im Élyséepalast machen.

Politiker des linken Spektrums sprachen von einer würdigen Entscheidung im Interesse des Landes. Die Opposition wertete die Ankündigung dagegen als Eingeständnis des Scheiterns. Der konservative Präsidentschaftskandidat François Fillon schrieb auf Twitter: „Diese Amtszeit endet in politischem Chaos und Auflösung der Macht.“

Der Druck auf die Linke ist groß. In Umfragen für den ersten Durchgang der Präsidentenwahl liegen Fillon und die Rechtspopulistin Marine Le Pen von der Front National deutlich vorn. Deutschlands wichtigster EU-Partner wählt seinen neuen Staatschef voraussichtlich in zwei Wahlgängen am 23. April und am 7. Mai kommenden Jahres.

Le Pen sagte mit Blick auf Valls und Fillon, sie werde es nächstes Jahr wohl mit früheren Premierministern zu tun haben, die auch die Bilanz der jeweiligen Amtszeiten vertreten müssten. „Ich habe keinen Grund, meine Strategie zu ändern.“ Le Pen sieht sich nach der Entscheidung der Briten für einen EU-Austritt (Brexit) und der Wahl des Konservativen Donald Trump zum neuen US-Präsidenten im Aufwind. Le Pen vertritt seit langem radikale Positionen gegen Ausländer und Europa.

„Ich möchte nicht, dass Frankreich Abenteuern ausgesetzt wird, die kostspielig und sogar gefährlich für seine Einheit, seinen Zusammenhalt und sein soziales Gleichgewicht wären“, sagte Hollande am Donnerstagabend mit Blick auf die politische Konkurrenz. „Das ist die Wahl eines Staatsmanns“, kommentierte Valls.

Hollande wird nach Einschätzung von Wirtschafts- und Finanzminister Michel Sapin nach seinem Verzicht sogar gestärkt. Die fünf kommenden Monate seien eine Zeit für Entscheidungen und deren Umsetzung, sagte Sapin in Moskau. Der Verzicht gebe dem Staatschef Handlungsspielraum.

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