Aufatmen nach Wahlkrimi aus Wien

Berlin · Gerade noch mal gut gegangen, heißt es in Berlin nach der Präsidentenwahl in Österreich. Bei aller Erleichterung sitzt auch der Schock über das starke Abschneiden der FPÖ tief. Die AfD sieht das natürlich anders.

 Der Präsident und sein Nachfolger: Heinz Fischer (r.) empfängt Alexander Van der Bellen. Foto: Bruna/dpa

Der Präsident und sein Nachfolger: Heinz Fischer (r.) empfängt Alexander Van der Bellen. Foto: Bruna/dpa

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Großes Aufatmen - das war die Reaktion des politischen Berlin auf die knappe Niederlage des Rechtspopulisten Norbert Hofer bei der Präsidentschaftswahl in Österreich. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD ) brachte es mit wenigen Worten auf den Punkt: "Ganz Europa fällt ein Stein vom Herzen." Vor allem die deutschen Grünen jubelten über den Sieg ihres österreichischen Parteifreundes Alexander Van der Bellen, der der erste grüne Präsident in einem europäischen Land ist.

Doch es gab auch Stimmen, die sich schockiert zeigten, dass mit 49,7 Prozent fast genauso viele Österreicher für einen explizit rechtspopulistischen Bewerber gestimmt hatten. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte, das sei "ein Warnsignal auch für uns in Deutschland". Obwohl die Zahl der Flüchtlinge in Österreich ebenso wie in Deutschland bereits drastisch zurückgegangen sei, habe knapp die Hälfte der Wähler für einen Kandidaten gestimmt, der auf Ausgrenzung statt Integration setze. Schuster mahnte die demokratischen Parteien in Deutschland, sich nicht dazu verleiten zu lassen, "auf die rechte Überholspur zu gehen".

Der für Europa zuständige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD ), äußerte sich ähnlich. "Der mehr als knappe Wahlausgang darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Populismus und Nationalismus weiter auf dem Vormarsch sind. Mitnichten nur in Österreich, sondern in der ganzen Europäischen Union", sagte Roth der SZ. "Wir alle stehen in der Pflicht, uns gegen den nationalistischen Populismus auszusprechen und für europäische Lösungen zu werben", forderte er. Wer eine europaskeptische Haltung befördere, dürfe sich über solche Wahlergebnisse nicht wundern. "Am Ende des Tages wird eben das rechte Original, aber nicht die Kopie gewählt", so Roth. Wen er konkret meinte, sagte er allerdings nicht.

Der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger bekundete, ihm sei nicht nach Feiern zu Mute. Das Wahlergebnis sei "eine schallende Ohrfeige" für alle etablierten Parteien, auch jenseits der Grenzen Österreichs. SPD-Vize Ralf Stegner sprach von einem "dicken blauen Auge", mit dem Österreich und Europa davongekommen seien.

Der AfD-Co-Vorsitzende Jörg Meuthen fand hingegen, die große Zustimmung für Hofer zeige, "dass immer mehr Menschen sich nicht mehr von Allgemeinplätzen und angeblichen Alternativlosigkeiten beirren lassen." AfD-Chefin Frauke Petry war am Sonntag zusammen mit ihrem Lebensgefährten Marcus Pretzell, Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen, zur FPÖ-Wahlparty nach Wien gereist.

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