Merkel dämpft Hoffnungen

Berlin · Noch ist unklar, ob es kommende Woche einen Ukraine-Gipfel geben wird. Aber Kanzlerin Merkel mahnt jetzt schon: Auf den großen Durchbruch sollte niemand hoffen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU ) hat die Hoffnungen auf einen Durchbruch im Ukraine-Konflikt gedämpft. Nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk gestern in Berlin ließ Merkel weiter offen, ob das dazu geplante Gipfeltreffen mit den Staatschefs aus Russland, der Ukraine und Frankreich nächste Woche tatsächlich stattfindet. Ohnehin werde aber auch ein solches Treffen "nicht dazu führen können, dass alle Punkte am nächsten Tag erfüllt sind".

Als Grundlage aller internationalen Bemühungen nannte Merkel die vollständige Einhaltung der bestehenden Friedensvereinbarungen zwischen Kiew und Moskau . Gegen das Abkommen, das bereits im September in Weißrusslands Hauptstadt Minsk unterzeichnet wurde, wird immer wieder verstoßen. Die vereinbarte Waffenruhe für den Osten der Ukraine besteht praktisch nur auf dem Papier. Jazenjuk machte dafür allein die prorussischen Separatisten und Russland verantwortlich.

Die Hoffnung ruht nun auf einem möglichen Treffen von Kremlchef Wladimir Putin mit dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko am 15. Januar in Kasachstan , bei dem Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande vermitteln könnten. Heute wird dazu Kasachstans Staatschef Nursultan Nasarbajew in Berlin erwartet. Offiziell gibt es für den Gipfel aber nach wie vor keine Bestätigung. Merkel sagte zu den Chancen eines solchen Treffens: "Was man machen kann, ist zu versuchen, sichtbare Fortschritte zu haben und gleichzeitig für andere Punkte eine verlässliche Roadmap zu haben." In der Vergangenheit hätten aber auch solche Fahrpläne keinen Erfolg gehabt. Merkel betonte, die Sanktionen in Zusammenhang mit den Kämpfen im Donbass könnten nur aufgehoben werden, wenn das Minsker Abkommen "in all seinen Punkten" erfüllt werde.

Damit der Gipfel zustande kommt, gibt es derzeit auch intensive Telefonkontakte auf Ebene der Außenministerien. Für heute ist eine Schaltkonferenz zwischen Moskau , Kiew , Paris und Berlin geplant. Jazenjuk mahnte den Westen, bei einer gemeinsamen Haltung gegenüber Russland zu bleiben. "Wir können nur Erfolg haben, wenn jeder in der EU, in den USA und in der Ukraine zusammen und geeint bleibt." Zugleich warf er Putin vor, Zusagen immer wieder gebrochen zu haben.

Meinung:

Treffen ohne Fortschritt

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Neues Jahr, altes Problem: Der erste prominente Gast aus dem Ausland, den Angela Merkel gestern in Berlin begrüßte, war der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk. Eine Geste, die sicher als Beleg dafür gelten darf, dass die Lösung des Ukraine-Konflikts weiter ganz oben auf der außenpolitischen Prioritätenliste der Kanzlerin steht. Doch in der Sache tritt man praktisch auf der Stelle. Merkel mahnte eine komplette Erfüllung des Minsker Abkommens an, wohl wissend, dass es sich bislang um kaum mehr als einen Papiertiger handelt. Und daran ist eben nicht nur Moskau schuld, sondern auch die Ukraine. Kein Wunder, dass ein unter Beteiligung Merkels avisiertes Treffen mit den Spitzen der Konfliktparteien wieder ins Wanken gerät. Über was sollten die Beteiligten auch reden, wenn ihr Vertrauen wechselseitig weiter gegen null tendiert? Nur so viel ist klar: Deutschland steht an der Seite der Ukraine. Für eine nachhaltige Lösung des Konflikts ist jedoch mehr vonnöten. Die politischen Schlüssel liegen in Moskau und Kiew .

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