Eine Krawatte setzt Zeichen

Stuttgart · Der eine mag es eher stilsicher Ton-in-Ton. Der andere setzt auf die Partei-Farben. Mit der Farbe ihrer Schlipse senden Politiker Signale. Was dahinter steckt, erklären Experten an prominenten Beispielen.

 W. Kretschmann Foto: dpa

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Sie baumelt herab, engt den Kehlkopf ein und rutscht in die Suppe, wenn man nicht aufpasst. Zwar muss die Krawatte weder das Hemd zusammenhalten noch etwas verdecken. Doch bei Politikern ist sie nach wie vor beliebt - egal ob in knalligen Ostereierfarben oder dezentem Grau. Daran haben weder die Diskussionen im Bundestag über den Krawattenzwang etwas geändert, noch das "Oben-ohne"-Auftreten des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras .

Zwar legten Politiker auch in Deutschland immer öfter ihre Binder ab, um locker und modern zu wirken, sagt die Stuttgarter Imageberaterin Lidija Kondruß. Andererseits könnten Politiker mit dem Stoffstreifen Signale senden: "In Hemd oder Krawatte kann man Persönlichkeit, Status, Absicht, alles hineinlegen."

Sehr stilsicher kleide sich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD ), dessen Binder meist Ton-in-Ton zum Anzug passten, sagt der Berliner Professor für Farbgestaltung, Axel Venn. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann trägt sein Markenzeichen um den Hals - seine Krawatten sind ausschließlich grün und damit passend zur Parteifarbe. Das signalisiere "seht her, ich bin der grüne Mensch", beschreibt Venn.

In der Regierungszentrale in Stuttgart hat der erste Grünen-Ministerpräsident Deutschlands immer eine ganze Sammlung Krawatten in Reserve, weil er sich oft bekleckert, wie er auf seiner Homepage erzählt. Auch Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU ) hat demnach von Kretschmanns Kollektion profitiert: Als diesem beim Spätzle-Essen in Stuttgart ein Malheur passierte, half der Schwabe aus und Altmaier trat mit einer grün-weiß gestreiften Krawatte vor die Presse.

Die weißgepunktete, grüne Krawatte des CDU-Landesvorsitzenden Thomas Strobl zum ersten Sondierungsgespräch sei auch als Zeichen der Annäherung ausgewählt worden, erklärt Stilberaterin Kondruß.

Die beliebteste Farbe bei einfarbigen Krawatten sei jedoch blau. Blau wirke konservativ und seriös, was sich etwa Politiker aus Frankreich gerne zu nutze machten. Generell wirkten gedeckte Krawatten seriöser und staatsmännischer. Die meisten Binder seien einfarbig, mit kleinen Mustern oder Streifen.

Ein leuchtendes Feuerwehrrot scheint dagegen die Lieblingsfarbe des US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump zu sein - und das nicht nur, weil Rot die inoffizielle Farbe der republikanischen Partei ist, für die er kandidiert. An der "Grellheit der Farbigkeit" erkenne man, wie eitel die Menschen seien, erklärt Axel Venn. Trump sei "eine eitle Primadonna", ein Selbstdarsteller.

Peter AltmaierFoto: dpa

Peter AltmaierFoto: dpa

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Die eindeutigen Farben stünden für eine starke Führungspersönlichkeit und sollten symbolisieren "Ich weiß, wo's langgeht, an mir kommt keiner vorbei", sagt die Imageberaterin. Und noch ein Detail lasse auf Trumps Dominanzverhalten schließen: Seine Krawatten sind viel zu lang gebunden - nach dem Motto "Seht her, ich habe die längere Krawatte".

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