Pariser Modehaus setzt auf Sexismus pur

Paris · Schockwerbung der Nobelmarke Saint Laurent löst Empörung aus. Das Traditions-Unternehmen steht mit seiner „Porn Chic“-Kampagne alleine.

 Dieses Plakat ist Teil der umstrittenen Werbekampagne. Fotos: Böhmer/dpa(2)

Dieses Plakat ist Teil der umstrittenen Werbekampagne. Fotos: Böhmer/dpa(2)

(dpa) Ein Mager-Model in lasziver Pose, eine Frau auf dem Boden mit gespreizten Beinen und Netzstrümpfen: Um eine Schock-Werbekampagne der Modefirma "Saint Laurent" gibt es in Frankreich viel Wirbel. In Straßen von Paris hängen Werbebilder des traditionsreichen Hauses, die nach Einschätzung des französischen Werberats Frauen als Sex-Objekte darstellen. An zentralen Orten der Hauptstadt verschwanden nun die umstrittenen Plakate.

Der französische Werberat hatte sich zuvor eingeschaltet und den Stopp der Kampagne angemahnt. Kritik gab es auch an einem extrem dünnen Model. Bei der Aufsicht gingen massenhaft Beschwerden ein. "Unterwerfung", "Sexismus", Anpreisung einer "Vergewaltigungskultur" - so lauten die Vorwürfe. Die zum Luxuskonzern Kering gehörende "Maison" Saint Laurent hüllt sich selbst in Schweigen. Die Kampagne ist auch Kontrast zu anderen Firmen der Branche: Die neue Dior-Chefdesignerin Maria Grazia Chiuri präsentierte ihre Models unlängst bei der Pariser Modewoche als kämpferische und selbstbewusste Frauen. Die Italienerin erklärt sich selbst als Feministin. Wie passt das zusammen? Eigentlich gar nicht, meinen Pariser Modekenner, die sich die Augen reiben. Saint Laurent sei da ziemlich isoliert, lautet die Insider-Einschätzung.

Die Gender-Expertin Brigitte Grésy, die schon vor Jahren einen Bericht über das Frauenbild in Medien verfasste, meint, Saint Laurent knüpfe an die "Porn-Chic"-Mode an, die vor etwa 15 Jahren angesagt war. Die Frau sei dabei sexualisiert, unterworfen - und werde gleichzeitig lächerlich gemacht, resümierte Grésy in der Tageszeitung "Le Monde". Sie fügt hinzu: "Das ist eine Verneinung aller Fortschritte."

Die Verwunderung ist auch deshalb groß, weil Saint Laurent von einer Frau geführt wird, der italienischen Topmanagerin Francesca Bellettini. Die Nobelmarke verbuchte 2016 das sechste Jahr in Folge ein Umsatzwachstum von mehr als 20 Prozent. Die Gewinne sprudeln. Auch bei der Schwestermarke Gucci floriert das Geschäft. Normalerweise seien es kleine und weniger bekannte Marken, die mit schriller Provokation schnell Furore machen wollten, heißt es in der Branche.

Die Debatte um Mager-Models ist nicht neu. In Frankreich gibt es daher seit 2015 ein Gesetz, dass ein gefährliches Untergewicht bei Models verhindern soll. Gefordert wird eine medizinische Bescheinigung, dass der Gesundheitszustand mit dem Model-Beruf vereinbar ist. Saint Laurent hat auch nicht das erste Mal Ärger: Die britische Werbeaufsicht verbot vor knapp zwei Jahren eine Anzeige wegen "ungesunden Untergewichts" eines Models.

Auch wenn die Wellen des Skandals derzeit hoch schlagen: Der Name Saint Laurent gehört zum französischen Kulturgut. Der legendäre Modeschöpfer Yves Saint Laurent (1936 bis 2008) bekommt daher in der Pariser "Avenue Marceau" ein Museum gewidmet - noch in diesem Jahr.

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