Ein klares „Non“ zum Plastik

Paris · Schluss mit dem Müll: In Frankreich sind Tüten aus Plastik ab heute verboten. Im Januar soll der „sac“ auch an Obst- und Gemüsetheken wegfallen. Doch werden sich Alternativen aus Papier durchsetzen können?

 Keine Plastiktüten mehr an französischen Kassen. Foto: Fotolia

Keine Plastiktüten mehr an französischen Kassen. Foto: Fotolia

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"Un sac?" lautete jahrelang die Frage an französischen Supermarktkassen. Die Kunden bekamen schon fast automatisch eine oder gleich mehrere Rascheltüten in die Hand gedrückt. Doch nun ist Schluss damit: Ab heute sind Einwegtüten verboten. Umweltministerin Ségolène Royal macht ernst mit dem im vergangenen Jahr verabschiedeten Energiewendegesetz, das auch die Tragehilfen miteinschließt.

"Die Tüten werden nur wenige Minuten benutzt und brauchen dann mehrere hundert Jahre für die Zersetzung", erklärt die Sozialistin unter dem Foto einer Schildkröte, die eine blaue Tüte verschlingt. 75 Prozent der Abfälle im Meer seien aus Plastik, rechnet Royal vor, die ganz Europa auffordert, dem französischen Beispiel zu folgen. Nur in Italien sind bisher Plastiktüten verboten; in Deutschland gilt ab heute eine Gebühr, die auf einer freiwilligen Selbstverpflichtung des Handelsverbandes HDE beruht (siehe Hintergrund).

Allein in Frankreich werden laut Umweltministerium jedes Jahr 17 Milliarden Plastiktüten verteilt. Knapp die Hälfte davon landet in der Natur und wird vom Wind Richtung Meer getrieben, wo sich riesige Plastikstrudel bilden, die - wie im Nordpazifik - die Größe Mitteleuropas erreicht haben. "In jedem Quadratkilometer Meer schwimmen heute bis zu 46 000 Teile Plastikmüll", schreibt die Umweltorganisation WWF. Über die Fische können die Mikropartikel und Giftstoffe auch in die menschliche Nahrungskette gelangen.

Ab 1. Januar sollen in Frankreich auch die Einmaltüten an den Obst- und Gemüsetheken sowie am Fisch-, Fleisch und Käsestand verboten werden. In den Supermarktketten Monoprix und Carrefour ist es bereits jetzt so weit. Statt der dünnen Einmalverpackung gibt es beim Obst die dickeren Papiertüten und die Käsekunden bekommen ihren Camembert einfach im Papier in die Hand gedrückt. Schon jetzt ist Frankreich mit dem Verbrauch von 80 Plastiktüten pro Jahr ebenso wie Deutschland mit 71 deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 198.

Royal hofft auch auf einen positiven Nebeneffekt ihrer Maßnahme, nämlich die Schaffung von 3000 Arbeitsplätzen durch die Produktion von biologisch abbaubaren Tüten, beispielsweise aus Maisstärke. "Einige französische Unternehmen sind Pioniere im Bereich der Bioplastik", lobt die frühere Lebensgefährtin von Präsident François Hollande . Doch Experten glauben nicht daran, dass die Alternativtüten das herkömmliche Plastik ersetzen werden.

Denn die Papiervariante ist nicht unbedingt besser für die Umwelt. Papiertüten sind zwar als Müll umweltfreundlicher, aber sie brauchen in der Herstellung viel Energie und Wasser. Damit eine Papiertüte eine ähnliche Ökobilanz aufweist wie eine Plastiktüte, muss man sie mehrmals verwenden. Einen deutlichen Vorteil gibt es laut Naturschutzbund Nabu aber zumindest für die Meeresbewohner: "Gelangt eine Papiertüte ins Meer, ist sie aufgrund ihrer kürzeren Witterungszeit wesentlich unproblematischer als Plastiktüten."

Zum Thema:

Hintergrund Ab heute müssen Verbraucher in Deutschland in vielen Geschäften für Plastiktüten bezahlen. Mehr als 240 Unternehmen haben sich freiwillig verpflichtet, die Tüten in Zukunft nur noch gegen Gebühr abzugeben. Darauf hatten sich der Handelsverband HDE und das Bundesumweltministerium im April geeinigt. Sehr dünne Tüten, etwa für Obst und Gemüse, bleiben gratis. kna

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