Kein Gestöhne im Home-Office

München · Die Nachbarn laufen Sturm, seit in einer oberbayerischen Gemeinde ein Porno-Darstellerin einzog. Ein Gericht hat ihr nun untersagt, live auf dem Sofa zu arbeiten – vor der Webkamera. Sie will Konsequenzen ziehen.

 „Natalie Hot“ räkelt sich auf ihrer Couch und die Kunden schauen per Webcam zu – das ist dem Erotik-Model künftig verboten. In ihrem Wohnhaus ist ihr Gewerbe nicht zugelassen. Foto: Balk/dpa

„Natalie Hot“ räkelt sich auf ihrer Couch und die Kunden schauen per Webcam zu – das ist dem Erotik-Model künftig verboten. In ihrem Wohnhaus ist ihr Gewerbe nicht zugelassen. Foto: Balk/dpa

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Das wichtigste Utensil im Arbeitszimmer von "Natalie Hot" ist eine Couch, auf der sich die 24-Jährige mit dem einschlägigen Künstlernamen leicht bekleidet räkelt - während zahlende Kunden per Webcam zuschauen. Umgeben von unzähligen Highheels arbeitet sie dort "acht Stunden am Tag, fünf Tage die Woche" - sofern sie nicht andernorts Pornos dreht, für erotische Fotos posiert oder auf Sex-Messen auftritt. Doch nun hat das Verwaltungsgericht München der jungen Dame gestern untersagt, in ihrem Wohnhaus mit den Webcam-Streams ein Gewerbe zu betreiben.

Dass damit Ruhe einkehrt in Ampfing, einer 6000-Einwohner-Gemeinde im beschaulichen Oberbayern, ist unwahrscheinlich. Dort herrscht helle Aufregung, seit die junge Frau und ihr Ehemann und Manager vergangenes Jahr zugezogen sind - und aus dem Job der Dame keinen Hehl machten. So sorgte eine Swingerparty im Keller des schmucken Einfamilienhauses, zu dem das Paar die Nachbarschaft per Flyer einlud, für Empörung.

Nun hat das Paar vor Gericht zwar eine klare Niederlage kassiert: Die Frau darf nicht mehr Zuhause arbeiten, weil der Bebauungsplan ausschließlich eine reine Wohnraumnutzung zulässt. Doch für diesen Fall hatte "Natalie Hot" bereits angekündigt, den Nachbarn in den Monaten bis zu ihrem dann nötigen Auszug "die Hölle heiß zu machen". Auch ihr Mann betonte gestern erneut, sich nun nicht mehr zurückhalten zu wollen. "Damit die Nachbarn einfach mal sehen, dass wir auch anders gekonnt hätten. Die haben ja wirklich überhaupt nichts mitbekommen bislang."

Das sieht das Verwaltungsgericht München anders und attestiert der Tätigkeit der jungen Frau "eine gewisse Außenwirkung". Damit wurde ihre Klage abgewiesen, die sich gegen den Freistaat Bayern richtete. Der juristische Hintergrund: Die 24-Jährige hatte einen Antrag auf Nutzungsänderung gestellt, um in dem gemieteten Haus ein "Darstellungs- und Schaustellereizimmer" einzurichten. Das Landratsamt Mühldorf am Inn lehnte diesen Antrag jedoch ab und untersagte ihr unter Androhung eines Zwangsgeldes von 2000 Euro zugleich jegliche gewerbliche Nutzung der Räume. Dagegen zog die Frau vor Gericht, unterstützt von ihrem elf Jahre älteren Ehemann. Sie argumentierten zum einen, dass das Posieren und Stöhnen vor der Webcam mit Tele-Arbeit oder Home-Office vergleichbar sei und daher kein Gewerbe darstelle. Und wenn es denn ein Gewerbe sei, so müsse die Arbeit genauso behandelt werden wie andere kleine Betriebe in dem Wohngebiet, die eine Ausnahmegenehmigung hatten.

Als Tele-Arbeit wollte das Gericht die Tätigkeit jedoch nicht werten. Entscheidend sei, "dass die Tätigkeit in nicht unerheblichem zeitlichen Umfang stattfindet und dem am Wohnort angemeldeten Gewerbe der Klägerin, also der dauerhaften und regelmäßigen Erwerbstätigkeit, dient".

Das Paar erwägt nun, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Wahrscheinlicher ist aber, dass es aus Bayern wegzieht. Am ehesten nach Mallorca, sagt der Ehemann. "Wenn uns der bayerische Staat nicht haben will, bekommt er auch unsere Steuern nicht."

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