Ein falscher Blitzer am Bodensee

Markdorf/St Wendel · Ein Anwohner in Baden-Württemberg verärgert Autofahrer mit selbst gebauter Radarfalle – und er ist nicht allein.

 Täuschend echt: An der Bundesstraße 33 in Baden-Württemberg steht derzeit ein falscher Blitzer. Foto: Felix Kästle/dpa

Täuschend echt: An der Bundesstraße 33 in Baden-Württemberg steht derzeit ein falscher Blitzer. Foto: Felix Kästle/dpa

Foto: Felix Kästle/dpa

Erst bremst ein Auto ab, dann ein zweites und ein drittes. Kein Fahrer will von dem Blitzer an der Bundesstraße 33 bei Markdorf am Bodensee erwischt werden. Dabei ist die Radarkontrolle gar nicht echt - ein Anwohner hat sie aus einem Kanalrohr nachgebaut. Die schwarze Säule sieht täuschend echt aus, in den kleinen Fenstern meint man im Vorbeifahren sogar eine Kamera zu erkennen.

Wie genau er den Tempo-Messer gebastelt hat und warum, will der Mann nicht verraten. Er habe im Internet viel Kritik dafür einstecken müssen, manche Autofahrer führen sogar vor Wut laut hupend an seinem Haus vorbei, sagt er. Ob seinem Fake-Blitzer nun auch das blüht, was kürzlich in Saarbrücken geschah? Dort hatten Unbekannte Ende März eine stationäre, in diesem Fall echte! Radarfalle mit Teerfarbe bestrichen und anschließend mit Federn beklebt. Dass Bürger seltsame Dinge mit Blitzern anstellen, scheint also nicht unüblich zu sein.

Die Behörden bleiben angesichts des Fake-Blitzers im baden-württembergischen Markdorf entspannt: "Wir haben das geprüft und uns entschieden, es nicht zu beanstanden", sagt ein Sprecher des Landratsamtes. Der Verkehr werde dadurch nicht gestört. "Es blitzt nicht, es blendet nicht. Für uns ist das unproblematisch."

Ähnlich sehen es die Stadt Markdorf und der zuständige Gemeindeverwaltungsverband. Zwar müssen Bauwerke einen bestimmten Abstand zur Straße und ein gewisses Format einhalten. Der falsche Blitzer werde aber trotzdem geduldet, sagt Hauptamtsleiter Klaus Schiele. "Wir werden uns dann um die Angelegenheit kümmern, wenn wir wirklich einen Grund dafür haben und den sehen wir im Moment nicht."

Die Idee des Mannes sei eine kreative Lösung und "eine besondere Ausdrucksweise von Meinungsfreiheit", sagt Schiele. "Wir haben dem eine Chance gegeben." Zudem sei die Intention des Anwohners verständlich: Der Mann wünsche sich in der Nähe einen Blitzer - der ist aber laut Landratsamt nicht geplant.

Der Blitzer-Bauer vom Bodensee ist nicht der erste, der einen kreativen Umgang mit seinem Ärger über Raser pflegt: Im Ruhrgebiet hatten Anwohner der Stadt Moers 2011 eine Radarfalle aus einem Vogelhäuschen nachgebaut. Der "Starenkasten" hatte obendrein ein Einflugloch für kleine Vögel. Zuvor hatten sich die Nachbarn bei der Stadt vergeblich für eine Verkehrsberuhigung eingesetzt. Die Kommune blieb aber entspannt. "Wir haben das Häuschen vor Ort angeschaut und festgestellt, dass alles seine Richtigkeit hat", sagte ein Stadtsprecher damals. Weniger legal war dagegen eine Attrappe in Sachsen-Anhalt: Unbekannte bauten 2015 einen falschen Blitzer aus einem Vogelhäuschen. Im Inneren war eine Fahrrad-Rückleuchte installiert, die rot blinkte. Zudem hatten die Täter mit weißer Farbe an zwei Stellen die Zahl "50" auf die Fahrbahn gesprüht. Wie sehr sich Menschen über solche Attrappen ärgern können, zeigt ein Fall aus dem Jahr 2005: Unbekannte hatten im St. Wendeler Ortsteil Remmesweiler einen falschen Blitzer mit Sprengstoff in die Luft gejagt - laut Polizei flogen die Teile bis zu 30 Meter weit.

Viel Lob bekam dagegen das Landratsamt Friedrichshafen für einen ganz anderen Fake-Blitzer: Mitarbeiter der Behörde hatten 2012 einen ausrangierten Starenkasten zum Vogelnistplatz umgebaut und vor einem Fenster des Bauamtes an einen Baum gehängt. Mit Erfolg: Dort nisteten schon diverse Vogelpärchen.

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