In deutschen Kliniken fehlt Arznei

Berlin/Saarbrücken · Viele Krankenhäuser haben wichtige Medikamente nicht vorrätig. Die saarländischen Häuser sollen nicht betroffen sein.

 So gut gefüllt wie hier sind die Medikamenten-Ausgaben der Krankenhausapotheken nicht immer. Fotos: Karmann dpa/lby

So gut gefüllt wie hier sind die Medikamenten-Ausgaben der Krankenhausapotheken nicht immer. Fotos: Karmann dpa/lby

Die Versorgung mit Medikamenten in Deutschland ist weitestgehend gesichert. Doch es gibt Lieferengpässe vor allem im Klinikbereich. Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage sind die allermeisten Bürger, die regelmäßig verschreibungspflichtige Arzneimittel benötigen, mit der Versorgung hoch zufrieden. Gut zwei Drittel vergeben dafür die Note "1" oder "2". Und selbst wenn ein bestimmtes Medikament in der Apotheke gerade nicht vorrätig ist, wird es für den Patienten in 99 Prozent aller Fälle noch am gleichen oder am Folgetag geliefert. Das ist vorbildlich. Gemessen am europäischen Standard gilt eine Wartezeit von drei Tagen als unkritisch. 40 Prozent der Befragten geben aber auch an, schon mindestens einmal ein baugleiches Ersatzmittel erhalten zu haben, weil das ursprüngliche Präparat nicht verfügbar war.

"In den Krankenhäusern ist die Situation allerdings deutlich dramatischer als im ambulanten Sektor", warnte der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), Rudolf Bernhard, gestern auf einer Presskonferenz mit Kassen- und Ärztevertretern in Berlin. Betroffen seien im Wesentlichen Arzneimittel, die auch nur für den Klinikbereich hergestellt würden, darunter viele Lösungen zur Injektion wie Antibiotika sowie Krebs- und Narkosemittel. Gute Nachricht: Für das Saarland gilt das nicht, wie die saarländische Krankenhausgesellschaft auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte.

Nach einer Untersuchung seines Verbandes waren laut Bernhard im vergangenen Monat Arzneien mit 280 verschiedenen Wirkstoffen nicht verfügbar, darunter 30, die die jeweilige Klinikapotheke als versorgungskritisch einstuft. Dadurch mussten zum Beispiel Stammzellentransplantationen verschoben werden. Von den betroffenen Arzneien dieser 30 Wirkstoffe hätten die Hersteller lediglich acht an das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gemeldet. "Das hat keine Konsequenzen für die Hersteller. So geht das nicht weiter", klagte Bernhard. Bereits in den vergangenen Wochen waren Lieferengpässe bei überlebenswichtigen Präparaten bekannt geworden. Experten führen das auf fehlende Transparenz am Markt zurück, aber auch auf die Tatsache, dass es sich häufig nur um sehr wenige Hersteller etwa in China oder Indien handelt. Daher kann auch eine alternative Versorgung zum Problem werden. Solche Alternativen fehlten grundsätzlich bei patentgeschützten Arzneimitteln, erläuterte der Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg, Christopher Hermann. Deshalb sei es geboten, die Rolle des Arzneimittel-Bundesinstituts zu stärken, indem die Hersteller künftig verpflichtend Auskunft über Lieferprobleme und Lagerbestände geben müssten. Bislang geschieht das nur auf freiwilliger Basis.

Die Arzneimittelkommission der Ärzteschaft geht davon aus, dass Pharmaproduzenten durch das Freiwilligkeitsprinzip auch ihre mangelnde Lieferfähigkeit beschönigen könnten. Der Bundesregierung ist das Problem durchaus bewusst. Ein anstehendes Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung, das der Bundestag heute verabschieden will, sieht zumindest eine Meldepflicht der Hersteller an die Apotheken der Krankenhäuser vor. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach räumte allerdings ein, dass es sich dabei nur um einen ersten politischen Schritt im Kampf gegen medizinische Versorgungsengpässe handeln kann.

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