Kann Cannabis Krebs heilen?

Berlin · Wissenschaftliche Belege dafür fehlen. Todkranke hoffen trotzdem darauf. Deutsche Mediziner sind skeptisch.

Cannabis kann Krebs heilen. Das behauptet der Kanadier Rick Simpson. In unzähligen Videos, Büchern und in den sozialen Netzwerken predigt der Rentner von der heilenden Wirkung eines durch Cannabis gewonnenen Öls. Ihn selbst habe es von Hautkrebs befreit, lässt Simpson die Welt wissen. Seine Geschichte spricht sich herum. Todkranke Menschen rund um den Globus behandeln sich in Eigenregie mit dem Hanf-Öl. Deutsche Mediziner sehen das kritisch.

"Rick Simpson ist kein Arzt, was er macht, ist fahrlässig", sagt Mediziner Franjo Grotenhermen im nordrhein-westfälischen Rüthen. Der Arzt ist Vorsitzender einer internationalen Arbeitsgemeinschaft für Cannabis als Medizin und setzt sich seit Jahren für die Anwendung der Pflanze in der medizinischen Therapie ein. Grotenhermen ist sich sicher: "Cannabis ist kein Wundermittel, es ist eine Möglichkeit."

In Deutschland wird Cannabis künftig zur medizinischen Verwendung staatlich angebaut. Dazu steht eine Cannabisagentur beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vor dem Start, wie das Institut gestern mitteilte. Der Weg für Cannabis als Medizin auf Kosten der Krankenkassen wird durch ein neues Gesetz von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) frei.

Allerdings geht es dabei erst einmal nicht um die direkte Behandlung von Krebs. Eine exakte Definition der Krankheitsbilder gibt es im Gesetz aber auch nicht. Bisher haben rund 1000 Patienten eine Ausnahmegenehmigung für Cannabis.

Zuverlässige wissenschaftliche Belege für die von Rick Simpson gepriesene Wirkung der Pflanze gebe es nicht, sagt Mediziner Grotenhermen. "Es gibt Hinweise, dass einige Wirkstoffe von Cannabis wie Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) krebshemmend sind, sie können das Ergebnis von Standardtherapien verbessern - bei Mäusen und Ratten." Dass es beim Menschen auch so sei, könne man nur hoffen.

Denn das tatsächliche Wissen über die Wirkung der sogenannten Cannabinoide bei Tumorerkrankungen beschränkt sich bisher fast nur auf Zellstudien und Tierversuche.

Vor zwei Jahren bekam eine Untersuchung des deutschen Pharmakologen Burkhard Hinz viel Aufmerksamkeit. Der Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Universitätsmedizin Rostock brachte mit Hilfe von Cannabinoiden Krebszellen im Laborversuch zum "platzen". Das feuerte die Diskussion weiter an.

Der Pharmakologe bleibt aber vorsichtig: "In der Vergangenheit haben viele neue Antikrebsstrategien, die in präklinischen Untersuchungen hoffnungsvoll erschienen, den Sprung in die Klinik nicht geschafft, weil sie beim Menschen nicht die vermutete Wirkstärke zeigten", sagt er.

In Cannabis sieht er aber einen interessanten Kandidaten für die Behandlung von Krebs - eventuell. Denn wie genau Cannabinoide im komplexen menschlichen Organismus wirken, bleibe offen.

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Ärzteschaft begrüßt Cannabis auf Rezept Deutschlands Ärzte begrüßen die Freigabe von staatlich kontrolliertem Cannabis auf Rezept. Josef Mischo, Chef der Sucht-Arbeitsgruppe der Bundesärztekammer und Präsident der saarländischen Ärztekammer kommentierte: "Es ist gut, dass der Gesetzgeber es weitgehend dem Arzt überlässt, zu entscheiden, ob Cannabis eingesetzt wird." So würden die therapeutischen Möglichkeiten erweitert.

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