Ein ganzes Haus zieht nach Berlin

BERLIN · Ein amerikanischer Künstler lässt das Heim der US-Bürgerrechtsikone Rosa Parks in die Hauptstadt verfrachten

 Rosa Parks starb 2005 im Alter von 92 Jahren. Foto: Sachs/Consolidated/dpa

Rosa Parks starb 2005 im Alter von 92 Jahren. Foto: Sachs/Consolidated/dpa

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(afp) Wenn Ryan Mendoza am Samstag das Haus mit der abblätternden Farbe erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, ist das auch für die kulturverwöhnte deutsche Hauptstadt ein besonderer Moment. Der US-Künstler verfrachtete das Haus der afroamerikanischen Bürgerrechtsikone Rosa Parks aus Detroit nach Berlin und bewahrte es so vor der Zerstörung. "Mit der Missachtung dieses Hauses haben die USA ihre Missachtung für die Bürgerrechte gezeigt", sagt Mendoza.

Die vor zwölf Jahren gestorbene Parks weigerte sich 1955 in Montgomery im US-Bundesstaat Alabama, ihren Sitzplatz in einem Bus für einen weißen Mann zu räumen. Ihr Protest gilt als Zündfunke für die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung. Parks floh damals wegen anhaltender Todesdrohungen aus dem Süden des Landes in die Industriemetropole Detroit. Sie fand Unterschlupf in der 2672 South Deacon Street, wo die Familie ihres Bruders mit 15 Menschen in drei Schlafzimmern wohnte. Von 1957 bis 1959 blieb Parks in dem Haus. Sie kehrte nie wieder heim und starb 2005 im Alter von 92 Jahren in Detroit.

Gezeichnet von Wasserschäden und Einbrüchen landet das Haus später auf der Abrissliste der Verwaltung. Parks' Nichte Rhea McCauley kauft die Hütte für 500 Dollar von der Stadt, doch die pensionierte Künstlerin kann keine Restaurierung finanzieren. Mendoza und seine Frau Fabia nehmen sich der Sache an. Schon einmal brachten die beiden ein Haus für ein Kunstprojekt aus Detroit nach Europa. Diesmal ist die Herausforderung größer: "Der Kamin kippte, die Rückwand war stark beschädigt, und die Böden gaben nach", sagt Mendoza. Im August 2016 zerlegt der 45-Jährige das Haus binnen 18 Tagen in seine Einzelteile. Er verschifft das Gebäudepuzzle in Containern und fügt die Bretter wieder zusammen - auf einer Freifläche zwischen seiner Unterkunft und seinem Atelier im Arbeiterkiez Wedding. "Ich liebe die beiden für das, was sie für meine Tante tun", sagt die in Michigan lebende McCauley. Am Samstag führt Mendoza die Hütte erstmals Besuchern vor - und dann noch einmal am Berliner Kunstwochenende Gallery Weekend vom 28. bis 30. April. Betreten kann man das Haus nicht. Mendoza will es aber von innen beleuchten und alte Radionachrichten und Musik abspielen, die Parks damals auch gehört haben könnte. Die Spuren der Verwitterung beseitigte Mendoza bewusst nicht. Die weiße Farbe im Untergeschoss und der schwarze Anstrich des Obergeschosses blättern weiter ab. Lange Zeit solle das Haus aber nicht in Berlin stehen, sagt Mendoza. Er halte das Haus als "Geisel", bis es an seinen rechtmäßigen Ort zurückkehren könne und seine "Würde" wieder hergestellt sei. Finanziers wollen sich für das Projekt bislang nicht finden. Weder öffentliche noch private US-Institutionen hätten Interesse gezeigt, sagt Mendoza. "Vielleicht ist es kein Zufall, dass das Haus Zuflucht in einer Stadt findet, die aus dem Mauerfall auferstanden ist, während das Land, das so scharf darauf ist, Mauern zu errichten, das Haus verloren hat."

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