Sonne tanken und einmal um die Welt

Abu Dhabi/Zürich · Nach fast anderthalb Jahren sind die Flugpioniere Piccard und Borschberg gestern mit ihrem Sonnenflieger sicher in Abu Dhabi gelandet. Dennoch bleiben Passagierflüge mit Sonnenkraft eine Utopie.

 Pioniere: Bertrand Piccard (r.) und André Borschberg haben mit einem Solarflieger die Welt umrundet. Foto:dpa

Pioniere: Bertrand Piccard (r.) und André Borschberg haben mit einem Solarflieger die Welt umrundet. Foto:dpa

Ohne einen Tropfen Kerosin, allein mit der Kraft der Sonne: So sind die Schweizer Bertrand Piccard und André Borschberg um die ganze Welt geflogen. Gestern sind sie mit ihrem Sonnenflieger "Solar Impulse 2" (Si2) nach 17 Monaten erfolgreich in Abu Dhabi gelandet. 43 000 Kilometer über Kontinente und Weltmeere: Es war die erste Erdumrundung eines Solarflugzeugs. In Abu Dhabi war die "Si2" am 9. März 2015 aufgebrochen. Insgesamt brauchte das Leichtflugzeug 17 Etappen, dabei wechselten sich Piccard und Borschberg am Steuer ab. Ursprünglich waren für die Umrundung fünf Monate veranschlagt, doch schlechtes Wetter und vor allem Probleme mit den Batterien verzögerten das Projekt immer wieder. Auch die letzte Etappe musste nochmals wegen einer Erkrankung Piccards verschoben werden. Nun, nach der Landung, ist die Begeisterung über den Solarflieger groß. "Das war eine Heldentat", sagt Professor Josef Kallo, der beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Technologien für emissionsfreies Fliegen entwickelt. Die Schweizer Flugpioniere und ihr Team mit mehr als 80 Ingenieuren und Technikern verdienten ein Riesenlob. Seit 2008 haben DLR-Experten die Entwicklung von "Solar Impulse" unterstützt. Das Ergebnis: eine Flügelspannweite größer als bei einem Jumbojet, aber nur ein kurzer Rumpf mit einem Ein-Personen-Cockpit. Gesamtgewicht: das eines Mittelklasseautos. Schon kleine Böen hätten große Verformungen hervorrufen können. Kein Wunder, dass die größten Herausforderungen - und sensationellen Rekorde - jeweils die Überquerungen der Ozeane mit ihren schwer vorhersehbaren Windverhältnissen waren. Die ganze Welt staunte, als Borschberg in einem fünf Tage und Nächte dauernden Flug den Pazifik überquerte und dann müde, aber sicher auf Hawaii landete. Nach solchen Etappen wurde ordentlich gefeiert. "Zum Glück ist einer unserer Sponsoren ein Champagnerhersteller", sagte Piccard. Die beiden überflogen weltbekannte Bauten. Piccard drehte eine Ehrenrunde über der Golden-Gate-Brücke, Borschberg über der Freiheitsstatue. Piccard absolvierte den Solarflugrekord über den Atlantik nach Spanien, Borschberg winkte den Pyramiden bei Kairo zu, ehe Piccard dann die letzte Etappe zum Start- und Zielflughafen Abu Dhabi in Angriff nahm.

Doch es ging nicht nur um Sehenswürdigkeiten: "Wir wollen eine neue Welt repräsentieren, eine Welt mit sauberer Technologie", sagte Piccard. Heißt das, wir können in absehbarer Zeit quasi mit der Sonne in den Urlaub fliegen? Nein. Nach Einschätzung von Experten bleibt dies auf lange Zeit Utopie. Aus Solarzellen könne die erforderliche Antriebsenergie für Passagierflugzeuge nicht gewonnen werden. Schon um mit nur einer Person zu fliegen, brauchte "Si2" mehr als 200 Quadratmeter Fläche für Solarzellen auf den Flügeln. Für 100 Passagiere und hohe Fluggeschwindigkeiten wären jedoch mehrere Quadratkilometer nötig.

Die Lösung auf dem Weg zum emissionsarmen Fliegen seien Hybride aus Gasturbinen oder Wasserstoffbrennzellen und Hochleistungsbatterien, sagt Josef Kallo. In Deutschland, den USA und anderen Ländern wird an der Entwicklung solcher Flugzeuge gearbeitet. Der Mittel- und Langstreckenverkehr bleibt auf lange Zeit jedoch den Kerosin-Fliegern vorbehalten. Und die Sonnenenergie? DLR-Forscher Böswald ist optimistisch: Denkbar sei, dass eines Tages ein Teil der für die Bordversorgung benötigten Energie aus Solarzellen auf den Tragflächen gewonnen wird.

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