Notbremse bei der Fischzucht

Völklingen · Die Völklinger Meeresfischzucht schreibt tiefrote Zahlen, die auch ihre Muttergesellschaft, die Stadtwerke, gefährden. Harte Schnitte sollen jetzt die Insolvenz abwenden.

Am Dienstag um 21.15 Uhr, nach gut zweieinhalb Stunden konzentrierter Stadtrats-Debatte, ist es amtlich: Völklingens Stadtwerke-Chef Jochen Dahm (CDU ) ist mit sofortiger Wirkung abberufen von allen seinen Funktionen. Wolfgang Bintz (CDU ), Völklingens Bürgermeister, übernimmt bis auf weiteres die Geschäftsführung bei der Stadtwerke-Holding, deren Tochter GAV (Gewerbeansiedlungsgesellschaft Völklingen ) und der Meeresfischzucht (MFV), ihrerseits Tochter der GAV.

Damit zieht der Stadtrat - auf Empfehlung der Aufsichtsräte, die sich zuvor zwei lange Nachmittage mit dem Thema befasst haben - einstimmig die Notbremse. Bei allen drei kommunalen Gesellschaften habe sich vor knapp zwei Wochen gezeigt, dass "die Zahlen dramatisch anders sind als erwartet", umschreibt Klaus Lorig (CDU ) die Lage, der Aufsichtsratsvorsitzende und Völklinger Oberbürgermeister. Bintz formuliert es nach der nichtöffentlichen Ratssitzung deutlicher: So gebe es eine Chance, die Insolvenz abzuwenden, die sonst am Montag drohe. Und zwar dem ganzen Stadtwerke-Konzern, da Probleme etwa bei der Fischzucht durchschlagen aufs Ganze.

Vorrangiges Ziel der Beschlüsse ist, die Liquidität der Stadtwerke zu sichern. Dazu soll ein ganzes Paket von Maßnahmen helfen. "Die Kontrolldichte wird massiv erhöht", die Aufsichtsräte werden im Zwei-Wochen-Takt tagen, berichtet Lorig. Er selbst habe zudem den Auftrag erhalten, sich um die Bestellung von Interims-Geschäftsführern oder -Managern für Holding und Fischzucht zu kümmern. Für die Fischzucht sei jemand gefragt, der aus der Lebensmittelbranche kommt und Verkaufs-Sachverstand mitbringe. "Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass wir ein Premium-Produkt haben", sagt Lorig, "aber der Vertrieb ist mangelhaft oder sogar ungenügend." Außerdem: "Der Anteilsverkauf kommt nicht in Gang", die schon lange angekündigte Übernahme von 51 Prozent der Fischzucht-Gesellschaft durch die schweizerische Ocean Swiss AG, die etwa sechs Millionen Euro in die Völklinger Kasse bringen soll. Die Völklinger machen jetzt Druck: Die Schweizer sollen sich binnen kürzester Frist erklären, ob sie dem frisch beschlossenen Kooperationsvertrag beitreten wollen, "damit wir wissen, wo wir dran sind" (Lorig). Dritte wichtige Aufgabe bei der Zucht sei, "die Produktionsabläufe zu optimieren", sagt Lorig; "wir wissen als Aufsichtsrat gar nicht genau, was da passiert" - zu hören ist, der ungeplant hohe Fischbesatz in den Becken tue den Tieren gar nicht gut.

Im Rat spürt man nach dem harten Schnitt Erleichterung. Es zähle, dass die 125 Stadtwerke-Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze behalten, sagt Erik Kuhn, der Chef der SPD-Ratsfraktion. Er könne sich jetzt ja aufs Rechthabenwollen verlegen, habe er doch schon vor Monaten Zahlen und Fakten gefordert und nie erhalten - "aber wem nützt das?"

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