Saarstahl startet gemeinsam mit Partnern dreijähriges Forschungsprogramm

Völklingen · Viele Billionen Daten fallen täglich in einem Stahlwerk an. In einem Forschungsprojekt sollen nun all diese Daten gesammelt und ausgewertet werden. Das soll am Ende helfen, die Produktion zu optimieren.

 Glühender Stahldraht bei Saarstahl. Seine Qualität soll künftig durch Prognose-Programme konstant bleiben. Foto: Saarstahl

Glühender Stahldraht bei Saarstahl. Seine Qualität soll künftig durch Prognose-Programme konstant bleiben. Foto: Saarstahl

Foto: Saarstahl

Wie kann bei der Stahlproduktion die Qualität erhöht, der Ausschuss verringert und damit auch der Energieverbrauch gesenkt werden? Diese Frage soll jetzt bei Saarstahl ein auf drei Jahre angelegtes Forschungsprojekt unter dem Namen iProdict beantworten.

Gemeinsam mit zahlreichen Partnern wie dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken, der Software AG , dem Fraunhofer-Institut und den Prognose-Spezialisten Blue Yonder und Pattern Recognition Company soll bei Saarstahl ein System entstehen, dass mögliche Fehler in der Produktion bereits erkennt, bevor sie auftreten. "Wir liefern 70 Prozent unserer Produktion an die Autoindustrie", sagte Saarstahl-Chef Karlheinz Blessing gestern bei der Vorstellung des Projektes. "Qualität ist dabei ein entscheidender Faktor." Bereits vor wenigen Wochen hatte Blessing gesagt, dass Saarstahl und Dillinger Hütte langfristig nur bestehen können, wenn unter anderem die Anlagen besser ausgelastet werden und die Produktivität erhöht werden. Das Forschungsprojekt soll nun ein entscheidender Schritt auf diesem Weg sein.

Bereits jetzt arbeitet Saarstahl mit computergestützten Planungsprozessen. "Ohne Rechner wäre die moderne Stahlproduktion gar nicht denkbar", sagt Blessing. "Das Projekt ist deshalb ein konsequenter weiterer Schritt." Trotz genauester Planung ist die Stahlherstellung ein komplexer Prozess, bei dem unterschiedlichste Faktoren Einfluss auf die Qualität haben. Abweichungen in der Zusammensetzung, der Temperatur, des Zeitpunkts, zu dem Sauerstoff in den glühenden Stahl eingeblasen wird, all das ändert das spätere Ergebnis. "Gibt es dann Abweichungen, wird im bisherigen Verfahren der Prozess nachträglich justiert", sagt Peter Loos, der das Projekt für das DFKI begleitet.

Ziel des Forschungsprojektes, das vom Bundesforschungsministerium mit drei Millionen Euro finanziert wird, ist es nun, alle im Produktionsprozess anfallenden Daten auszuwerten, um aus den Erfahrungen Prognosen für zukünftige Prozesse zu ermöglichen. Aus den mehreren Terabyte Daten, die täglich anfallen, lassen sich dann Ablaufmuster erkennen, die bei einer Anomalie sofort eine automatische Reaktion in Gang setzen. "Auf diese Weise können wir Abweichungen in der Qualität korrigieren, bevor sie auftreten", so Blessing.

Wie hoch das Sparpotenzial ist, das iProdict ermöglicht, will Blessing noch nicht sagen. Bisher sei es noch ein Forschungsprojekt, das sich nicht automatisch in der gesamten Produktion umsetzen lasse. Er gehe aber davon aus, dass die Ergebnisse helfen werden, mit weniger Ressourcen-Einsatz höhere Qualitäten zu erreichen.

Gerade mögliche Energieeinsparungen bei der Herstellung seien ja ein entscheidender Faktor, um die Kosten zu senken, sagt Blessing.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ), die das Projekt gestern mit auf den Weg brachte, bezeichnete es als eine sinnvolle Verknüpfung der vorherrschenden Kompetenzen im Land: "Wir haben einerseits die zweithöchste Industriedichte nach Baden-Württemberg, sind andererseits aber auch führend in der Informationstechnologie", sagte Kramp-Karrenbauer. Das Projekt sei ein gutes Beispiel, wie man diese beiden Kompetenzen verknüpfen und so die Saar-Industrie technisch auf einem führenden Stand und wettbewerbsfähig halten kann.

Meinung:

Der Weg der Zukunft

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger

Die saarländische Stahlindustrie kämpft auf dem Weltmarkt einen harten Kampf gegen Überkapazitäten und billige Konkurrenz aus anderen Ländern. Insofern geht Saarstahl-Chef Blessing jetzt den richtigen Weg: Er optimiert die Produktion. Letztlich müssen unsere Stahlwerke genau diesen einen Schritt voraus sein, um gegen Weltmarkt-Konkurrenz bestehen zu können. Dass mit dem DFKI einer der führenden Entwickler der intelligenten Industrie im Saarland sitzt, ist eine gute Fügung. Forschungsprojekte wie iProdict sind die Möglichkeit, unsere Industrie zukunftssicher zu machen.

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