Echte Perspektiven für Langzeit-Arbeitslose - Arbeitsmarkt-Modellprojekt vermittelt Problemfälle in Jobs

Völklingen · Marion Asante verschwindet beinahe hinter dem Papierstapel, den sie zurechtrückt. Dann lugt die zierliche Frau hinter der Schneidemaschine hervor und lächelt. „Ich habe eine ganz andere Haltung zum Leben, ein anderes Auftreten, ein anderes Selbstwertgefühl“, erzählt die 51-Jährige. Sie ist glücklich, dass sie durch das Projekt „Perspektiven in Betrieben“ einen Platz in der Buchbinderei der Saarstahl AG gefunden hat. Einen Platz, den ihr lange niemand geben wollte.

 Marion Asante hat vorerst einen Job in der Saarstahl-Druckerei gefunden. Foto: Ruppenthal

Marion Asante hat vorerst einen Job in der Saarstahl-Druckerei gefunden. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

2004 verlor Asante ihre Arbeit in einer saarländischen Druckerei. Mehr als zehn Jahre war sie dort beschäftigt. Erst als Hilfsarbeiterin, dann hatte sie ein Jahr lang eine feste Stelle als Buchbinderin. Asante war nach einer Operation im Krankenschein, als die Kündigung kam. Die damals 40-Jährige hatte keine Berufsausbildung und zuhause eine pflegebedürftige Mutter. Es folgte Hartz IV.

"Hartz IV ist menschenunwürdig", sagt die alleinerziehende Mutter aus Saarbrücken. Den Söhnen, die damals noch zur Schule gingen, sei die Arbeitslosigkeit ihrer Mutter peinlich gewesen. Asante selbst spürte Ablehnung, wenn sie aufs Amt ging oder sich für eine neue Arbeit bewarb. "Man wird behandelt wie ein Assi", beschreibt sie. Mit den Jahren machte sie auch schlechte Erfahrungen mit den Maßnahmen des Jobcenters. Die reichten von unsinnigen Computerkursen bis zu Unterbezahlung und überlangen Arbeitszeiten. "Wenn man über 40 ist, hat man keine Chance", sagt Asante.

Trotz aller Enttäuschungen sagte Asante sofort zu, als das Angebot zum Projekt "Perspektiven in Betrieben" kam. Heute ist sie froh darüber. Schon das Vorstellungsgespräch verlief anders als sonst, die Menschen waren freundlicher, erzählt sie.

Fünf Langzeitarbeitslose hat die Gesellschaft für Beschäftigung und Qualifizierung (GBQ), ein Unternehmen der Stahlstiftung Saarland, zum 1. August 2013 angestellt. "Wir hatten keinen Personalbedarf, sondern wollten uns engagieren", sagt GBQ-Geschäftsführer Roman Selgrath. Neben Saarstahl nimmt auch der Handelskonzern Globus an dem Modellprojekt teil, das als Schablone für die künftige Langzeit-Arbeitslosenstrategie des Bundesarbeitsministeriums dient, wie die Arbeitsagentur mitteilt. 13 Teilnehmer arbeiten bei Globus und Saarstahl. Man hätte auch mehr unterbringen können, sagt Hans-Hartwig Felsch, Geschäftsführer der Regionaldirektion der Agentur für Arbeit. Allerdings waren die Mittel im Modellprojekt begrenzt.

"Anfangs waren wir skeptisch", gibt Selgrath zu. Nur Härtefälle werden aufgenommen. Die Bewerber sind älter als 35 Jahre, mehr als zwei Jahre arbeitslos, haben keine Berufsausbildung und gesundheitliche oder private Probleme. Als alle 23 Kandidaten pünktlich zum Vorstellungsgespräch kamen, begann Selgrath, umzudenken. Mit den neuen Mitarbeitern habe er positive Erfahrungen gemacht. "Wir sind bemüht, die Mitarbeiter weiterzubilden und versuchen, sie weiterzuvermitteln", sagt Selgrath. Zwei sind bereits bei Saarstahl-Töchtern untergekommen.

Auch Asante lernt in der Buchbinderei immer noch dazu. "Wenn etwas neu für mich ist, ermuntern mich meine Kollegen dazu, es einfach mal auszuprobieren." Der zweite Jahresvertrag der 51-Jährigen läuft bis zum 31. Juli 2015. Wie es danach weitergeht, weiß sie noch nicht.

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