Trotz Hitzewelle keine längere Öffnung

Saarbrücken · Viele Menschen gehen derzeit an Tagen mit Temperaturen um die 35 Grad später aus. Dennoch reagiert die Außen-Gastronomie meist nicht mit längeren Öffnungszeiten. Das hat viele Gründe.

Die augenblickliche Hitze ist für zahlreiche Menschen nahezu unerträglich, nicht nur am Arbeitsplatz. Viele ändern auch ihr Freizeitverhalten, gehen später aus, insbesondere am Wochenende. Und staunen oft nicht schlecht, weil häufig in Biergärten und Gaststätten mit Außengastronomie dennoch schon um 22 Uhr geschlossen wird.

Muss das sein in den Hochsommermonaten Juli und August? Selbst in Phasen mit extrem hohen Temperaturen um die 35 Grad? Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Saar sieht derzeit kaum Chancen, etwas an den Öffnungszeiten am späteren Abend zu ändern. Es sei schon ein Riesen-Aufwand gewesen, Ausnahme-Genehmigungen für die Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft hinzubekommen, sagen Saar-Dehoga-Präsidentin Gudrun Pink und Hauptgeschäftsführer Frank Hohrath. Die Städte und Gemeinden ließen wenig mit sich reden. Auch fehle häufig bei Anwohnern die Toleranz. Schließt der Außenausschank nicht um 22 Uhr, sei immer öfter festzustellen, dass schon um 22.10 Uhr bei der Polizei angerufen wird. Die müsse dann entscheiden, was sie macht und ob sie direkt eingreift. Zudem achteten auch Betriebsräte auf die strikte Einhaltung der Öffnungszeiten.

Gleichwohl hält die Dehoga-Spitze angesichts immer tropischerer Temperaturen im Hochsommer die strikten Schlusszeiten von 22 oder 23 Uhr für nicht mehr zeitgemäß. Doch Möglichkeiten, dies kurzfristig oder auch durch mehr Flexibilität zu ändern, sieht der Verband nicht.

Das Thema ist offensichtlich selbst vielen im Dehoga zu heiß. Woran das liegt, wird deutlich, wenn man Frank Baumeister befragt, den Chef der Gewerkschaft Nahrung, Genuss Gaststätten (NGG) an der Saar. Er kommt schnell aus der Ruhe, wenn man ihn auf verlängerte Öffnungszeiten anspricht. "Es ist höchste Zeit, die Öffnungszeiten aus der Sicht der betroffenen Arbeitskräfte zu sehen, nicht aus der Sicht derer, die gerne bis 23 oder 24 Uhr draußen sitzen wollen", sagt er. Hier dürfe keine einzelne Personengruppe zu Lasten anderer bestraft werden. "Es kommt ja auch keiner auf die Idee, bei Ford die Arbeitszeiten zu ändern, nur weil mehr Leute Cabrio fahren wollen", so Baumeister. Köche müssten derzeit zuweilen unter Arbeitsbedingungen bei bis zu 50 oder 60 Grad in der Küche stehen.

Nach den Worten von Baumeister "kippen die Leute in der Gastronomie derzeit reihenweise um". Ihm seien Fälle bekannt, in denen Mitarbeiter sogar 14 oder 16 Stunden am Stück arbeiten. Die Gastronomie sei durchaus in der Lage, Ausnahmen von den geltenden Regelungen zu beantragen, wenn sie es für nötig hält. Das wisse sie auch.

Das Dilemma liegt aus Baumeister Sicht ganz woanders. Die Personalplanung sei verfehlt. Sein Vorwurf: zu wenig Vollzeitstellen, zu viele Minijobber, 60 Prozent Abbrecher schon in der Ausbildung, zu geringe Bezahlung und zu wenig flexible Schichtzeitmodelle. Es dürfe sich niemand wundern, wenn der Beruf des Gastronomen als nicht erstrebenswert gilt.

Meinung:

Ein bisschen mehr Toleranz

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia

Niemand bestreitet, dass in der Gastronomie hart gearbeitet wird. Wäre es nicht dennoch einen Versuch wert, in den Hochsommermonaten Juli und August bei tropischen Temperaturen wie derzeit Biergärten und Gaststätten mit Außengastronomie die Möglichkeit einzuräumen, abends länger zu öffnen, wenigstens am Wochenende? Wer solche Schichten am späteren Abend übernimmt, dem könnte man einen Bonus zahlen. Für Juli und August könnten flexiblere Arbeitszeit-Modelle gelten. Der Gastronom müsste darauf achten, dass es leise zugeht, damit Anwohner nicht belästigt werden. Es muss ja nicht Musik gemacht werden. Mit etwas mehr Toleranz auf allen Seiten könnte man es mal probieren.

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