Ärger bei Adler in Saarbrücken

Saarbrücken · Beim Werbegeschenke-Vertrieb Adler in Saarbrücken wird seit langem über die Gründung eines Betriebsrats gestritten. Jetzt gibt es auch Auseinandersetzungen wegen Mobbings, Kündigungen und Arbeitsverträgen.

"D enen werden wir die Leviten lesen. Das ist ein Angriff auf alle Arbeitnehmer." Empört reagiert Thomas Müller , Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Saar Trier, auf ihm bekannt gewordene Vorgänge beim Saarbrücker Unternehmen Adler Werbegeschenke . Nach Schätzung der Gewerkschaft haben in den letzten Tagen etwa 30 Mitarbeiter nur deshalb Kündigungen "aus betrieblichen Gründen" erhalten, weil sie sich geweigert hätten, neue Arbeitsverträge zu unterschreiben. Damit würden sie sich gegenüber den Altverträgen um etwa 40 Prozent schlechter stellen, weil Prämien- und Provisionsbedingungen zu ihrem Nachteil geändert worden seien. Bisher hätten Telefonverkäufer bei einem Grundgehalt von etwa 1100 Euro bei guten Abschlüssen monatlich über 3000 Euro brutto verdienen könne n.

Wie Beschäftigte gegenüber unserer Zeitung sagten, wolle Adler die Belegschaft radikal verkleinern und im Gegenzug den Online-Handel ausbauen. Ab Mitte Dezember seien die etwa 300 Telefonverkäufer von Vorgesetzten bedrängt und eingeschüchtert worden, teilweise in mehrstündigen Einzelgesprächen. Ziel: einschwören auf die neuen Verträge. Coachings, die der Verbesserung der Arbeitsleistung dienen sollten, seien als "Mobbing-Instrumente" eingesetzt worden. Kollegen seien gegeneinander ausgespielt worden. "Mieser kann man mit Leuten gar nicht umgehen", sagte ein Mitarbeiter. Verdi-Fachbereichsleiterin Steffi Recknagel sprach von "feudalen, verwerflichen Machenschaften".

Seit längerem klagen Adler-Beschäftige über Repressalien gegenüber häufiger kranken oder gewerkschaftsnahen Mitarbeitern, die einen Betriebsrat installieren wollten. Verdi hat versichert, jedem Gekündigten bei Kündigungsschutzklagen zur Seite zu stehen. Bezirksgeschäftsführer Müller kündigte an, mit der "geballten Kraft des Deutschen Gewerkschaftsbunds die Zustände bei Adler öffentlich anzuprangern", etwa mit Aktionen vor dem Werkstor in Burbach.

Wie Adler gegenüber unserer Zeitung entgegnete, werde Mobbing "nicht geduldet". Zu Vorwürfen von Mitarbeitern könne man nicht Stellung beziehen, weil man die Anschuldigungen nicht im Detail kenne. Mit 15 betriebsbedingten Kündigungen reagiere Adler auf Währungsturbulenzen . Das neue Vergütungssystem sei attraktiver für die Mitarbeiter als das alte. Und "sollte die Belegschaft einen Betriebsrat wünschen, würden wir dies selbstverständlich aktiv fördern und begleiten". Adler Werbegeschenke gehört zum US-Unternehmen Myron und beschäftigt nach eigenen Angaben in Saarbrücken 550 Mitarbeiter.

Meinung:

Zum Glück gibt es Aufpasser

Von SZ-RedakteurPeter Wagner

Immer wieder zum Kopfschütteln, zu welch primitiven Mitteln Manager greifen, um Mitarbeiter unter Druck zu setzen. Was soll das bringen? Ob Wurstbude, Jeansladen, Stahlwerk oder Kugelschreiber-Versand: Eine Firma macht langfristig nur Gewinn und dem Besitzer Freude, wenn sie zufriedene Mitarbeiter hat, die gern zur Arbeit kommen und auch mal zehn Minuten länger bleiben. Wer seine Leute schlecht behandelt, der erreicht etwas anderes als diese Nachhaltigkeit. Erstaunlicherweise gibt es einen lukrativen Arbeitsmarkt für solche "Führungskräfte". Zum Glück aber auch Aufpasser, die ihnen zwischen die Hörner klopfen. Das will Verdi nun übernehmen.

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