Firmen sollen Flüchtlinge fördern

Saarbrücken · VSU-Präsident Oswald Bubel fordert von saarländischen Firmen mehr Engagement für die Flüchtlinge. Für die Integration in den Arbeitsmarkt sei aber auch eine Flexibilisierung des Mindestlohns nötig.

 Sprachkurse für Flüchtlinge: Sie sind die Grundlage für die weitere Ausbildung und Integration in den Arbeitsmarkt. Foto: Oliver Dietze

Sprachkurse für Flüchtlinge: Sie sind die Grundlage für die weitere Ausbildung und Integration in den Arbeitsmarkt. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

In der Flüchtlingskrise sieht Oswald Bubel, Präsident der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände, die Firmen in der Pflicht: "Das ist jetzt die Stunde der privaten Organisationen", sagt Bubel. "Die Politik kann diese Belastungen nicht alleine tragen, sonst sprengt sie alle Schuldengrenzen."

Bildung sei die wichtigste Hilfe, die man den Flüchtlingen zukommen lassen könne. Und zuallererst Sprachkurse . Hier könnten sich Unternehmen mit Finanzierungen einbringen. Als Beispiel nennt er ein Engagement der Peter-und-Luise-Hager-Stiftung, bei der Bubel mit im Vorstand sitzt. Diese investiert 15 Prozent ihrer Fördermittel in Projekte der Flüchtlingshilfe. Unter anderem fördert sie Sprachkurse für Flüchtlinge in Neunkirchen. "Ich denke, aktuell muss man Prioritäten setzen. Und viele Unternehmen im Saarland sind dazu in der Lage. Fraglich ist nur, ob auch die Bereitschaft da ist."

Ein zentrales Problem ist es, den Flüchtlingen eine Ausbildung zu verschaffen, über die sie dann auch in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Sprache ist dabei nur der erste Schritt - anschließend geht es darum, sie für eine Arbeit in Deutschland zu qualifizieren. Auch hier seien die Unternehmen gefragt, neue Wege zu gehen und sie in den Betrieben auszubilden. Als einen "Scheck auf die Zukunft" sieht Bubel das Engagement der Unternehmen. Schließlich seien diese die Fachkräfte , die später einmal gebraucht werden.

Kritisch sieht er allerdings die Frage der Bezahlung. Hier gebe es noch Verhandlungsbedarf mit den Gewerkschaften. Bei den Fachkräften müsse man die Flüchtlinge für eine Zeit von ein bis zwei Jahren als "in Ausbildung Seiende" betrachten, die dann auch entsprechend nach den Tarifen des zweiten und dritten Lehrjahres bezahlt werden. "Wir sind da aber schon auf einem guten Weg", sagt Bubel.

Bei den gering Qualifizierten sieht Bubel den gesetztlichen Mindestlohn als ein großes Hindernis für die Integration. Weil unter den Flüchtlingen eben nicht nur hochqualifizierte Kräfte sind, sondern auch viele ohne Ausbildung, teilweise auch Analphabeten, fordert Bubel eine Flexibilisierung des Mindestlohns. "Es geht mir nicht darum, den gesetzlichen Mindestlohn abzuschaffen. Aber wir brauchen jetzt eine gewisse Flexibilität, sonst scheitert die Integration." Das gelte gerade bei den Hilfstätigkeiten, für die es schon jetzt immer weniger Stellen gibt. "Man kann von den Unternehmen zwar einfordern, Stellen zu schaffen. Man kann aber nicht verlangen, dass sie den wirtschaftlichen Gedanken ganz außen vor lassen", sagt Bubel. Wenn beispielsweise jetzt ein Flüchtling als Tellerwäscher arbeitet, müsse der auch einen betriebswirtschaftlich realistischen Lohn bekommen können. "Der Preis muss korrekt sein - für den, der ihn bekommt, und für den, der ihn zahlt", sagt Bubel.

Wo ein realistischer, flexibler Mindestlohn liegt, müsse noch verhandelt werden. "Für mich liegt er zwischen 7,50 und acht Euro", sagt der VSU-Präsident. Probleme in den Betrieben sieht er bei der Integration der Flüchtlinge nicht: "Die Grundstimmung in den Belegschaften ist eine der Hilfsbereitschaft", sagt er. Die Aufnahmebereitschaft sei groß.

Bubel sieht die Flüchtlingsproblematik aber vor allem als ein gesellschaftliches Thema, bei dem jeder persönlich sich fragen muss, was er beitragen kann: "Dass sie selber etwas tun müssen, um zu helfen, das haben viele Leute noch nicht begriffen."

Meinung:
Investition in die Zukunft

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger

Die Integration der Flüchtlinge ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Und damit geht sie nicht nur engagierte Bürger und Politiker an, sondern auch Unternehmen. Dass Oswald Bubel die Saar-Firmen nun in die Pflicht nimmt, sich stärker einzubringen, ist also mehr als richtig. Letztlich ist es auch keine uneigennützige Hilfe. Denn gerade die Unternehmen profitieren mittelfristig von den zusätzlichen Fachkräften, wenn der demografische Wandel den Arbeitsmarkt ausdünnt.

Dass nicht jedes Unternehmen im Saarland die Mittel hat, nun Sprachkurse und Ausbildungen zu finanzieren, ist klar. Jede weitere Initiative ist aber ein Schritt in die richtige Richtung.

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