Kassensturz bei der Messe

Saarbrücken. Der Kassensturz bei der Saarmesse GmbH in Saarbrücken wird nicht einfach: "Wir kennen bisher keine Zahlen. Es gab kein Controlling, die Mitarbeiter kannten die Umsätze nicht, es gibt keine Etats und keine Planungen", sagt Willy Kausch, einer der beiden neuen Geschäftsführer der Messe

Saarbrücken. Der Kassensturz bei der Saarmesse GmbH in Saarbrücken wird nicht einfach: "Wir kennen bisher keine Zahlen. Es gab kein Controlling, die Mitarbeiter kannten die Umsätze nicht, es gibt keine Etats und keine Planungen", sagt Willy Kausch, einer der beiden neuen Geschäftsführer der Messe. Gestern hat der Aufsichtsrat der Messe in seiner ersten Sitzung eine Kooperation mit der Messe Berlin beschlossen, die im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages vorerst bis Jahresende, aber mit Option auf Verlängerung die Saarmesse führen wird. In diesem Zusammenhang sind auch die neuen Geschäftsführer, Willy Kausch und Ulrich Nierhoff bestellt worden. Nierhoff ist Generalbevollmächtigter der Messe Berlin, Kausch ist Geschäftsführender Gesellschafter einer Veranstaltungsagentur, an der die Messe mehrheitlich beteiligt ist.Mit der gestrigen Aufsichtsratssitzung endete auch die Ära der früheren Messe-Gesellschafter, der Familie Grandmontagne. Der bisherige Geschäftsführer wurde gestern von seinem Amt entbunden.

Für die beiden neuen Geschäftsführer - Nierhoff wird stärker den operativen Teil und die Messen verantworten, Kausch will sich auf Kongresse konzentrieren - steht jetzt erst einmal die Bestandsaufnahme im Vordergrund: "Nach der 'Welt der Familie' werden wir mit einer Marktanalyse starten. Wenn wir dann genauere Daten haben, werden wir sehen, wie es weitergehen kann", sagt Nierhoff. "Jetzt schon über neue Konzepte und neue Veranstaltungen zu sprechen, das ist verfrüht." Eines steht für Kausch aber schon jetzt fest: "Messe und Kongresse müssen zusammengeführt werden. Das ist weltweit so. Wenn das hier nicht passiert, wird das Saarland wirtschaftlich verlieren."

In diesem Zusammenhang sollen jetzt auch die Machbarkeitsstudien für eine Verlegung des Messestandortes vorangetrieben werden. Im Gespräch ist seit Monaten, Messe und Congresshalle zusammenzuführen. Die Verbrauchermessen wiederum sollen als Zeltmessen veranstaltet und das Messegelände verkauft werden. Geplant ist auch, dass die Congress-Centrum Saar GmbH, die die Congresshalle und die Saarlandhalle führt und zu 80 Prozent dem Land, zu 20 Prozent der Stadt gehört, in Zukunft eine Kooperation mit der Messe Berlin eingeht. Dann wären Messe und Kongresse unter einheitlicher Führung.

Dass das Saarland Potenzial hat, davon ist Kausch überzeugt: "Es ist nicht leicht, das Saarland zu vermarkten, aber es gibt schon in den angrenzenden Regionen zahlreiche Optionen, die in den vergangenen Jahren nicht genutzt worden sind." Allerdings brauche das Zeit: Um einen Kongress zu akquirieren, rechnet er drei Jahre Aufwand. Kausch, der ursprünglich aus Saarbrücken stammt, hat eigenen Angaben zufolge über 1500 Kongresse veranstaltet.

Bis Ende des Jahres sollen laut Nierhoff verlässliche Zahlen vorliegen. Dann - und wenn über die Machbarkeitsstudien auch die Kosten einer Neupositionierung der Messe auf dem Tisch liegen - entscheidet sich die Zukunft der Messe: "Dann kommt die Frage, wie viel Stadt und Land bereit sind, in den Wirtschaftsstandort zu investieren", sagt Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD). Sollte die Belastung zu hoch sein, schließt sie auch das Aus für die Messe nicht aus. "Aber ich hoffe, dass der Schritt nicht kommt."

Meinung

Fischen im Trüben

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger

Dass die Messegesellschaft kein funktionierendes Controlling hat, überrascht nicht. Angesichts der verstaubten Messe-Atmosphäre wäre eine professionelle Unternehmensführung eher eine Überraschung gewesen.

Dass die Messe Berlin jetzt schnell Fakten sehen will, zeigt auch die Tatsache, dass sie einen Assistenten der Geschäftsführung fest in Saarbrücken stationiert.

Jetzt ist es wirklich vorrangig, keine Luftschlösser mehr zu bauen, sondern über Marktanalysen das Potenzial künftiger Messen zu benennen und Umzugspläne konkret durchzurechnen. Am Ende könnte das Ganze für Stadt und Land noch zu einem teuren Geschäft werden: Wenn unter dem Strich keine schwarze Null, sondern eine rote Zahl steht.

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