BGH stärkt Kreditnehmer

Karlsruhe · Dass Banken zu Unrecht Gebühren für Kredite erhoben haben, steht seit Mai fest. Jetzt hat der BGH entschieden, dass sie diese rückwirkend bis 2004 zurückzahlen müssen. Die Banken könnte das Milliarden kosten.

Bankkunden mit alten Kreditverträgen können zu Unrecht erhobene Bearbeitungsgebühren auch noch nach Jahren einfordern. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) gestern in einem Grundsatzurteil entschieden. (Az.: XI ZR 348/13 und 17/14). Das Urteil könnte die Banken viel Geld kosten. Verbraucheranwälten liegen eigenen Angaben zufolge Tausende von Verfahren vor.

Das Urteil gilt für Rückforderungsansprüche, die zwischen 2004 und 2011 entstanden sind. Es gebe eine "immense Zahl von Rechtsstreitigkeiten" in den unteren Instanzen, sagte auch der Vorsitzende Richter Ulrich Wiechers.

Unklar ist noch, wie viel die Banken ihren Kunden aufgrund des Urteils insgesamt werden zurückzahlen müssen. Die Schätzungen reichen von mehreren hundert Millionen Euro bis zu Milliarden.

Die BGH-Richter gaben zwei Kunden recht, die die Banken Santander und CreditPlus verklagt hatten. Die Privatleute wollten Bearbeitungsgebühren zurück haben, die sie für die Aufnahme von Krediten zwischen 2006 und 2008 zahlen mussten. Sie beriefen sich dabei auf ein entsprechendes BGH-Urteil vom Mai. Doch die Banken weigerten sich mit dem Argument, die Forderungen seien verjährt.

"Ihre Ansprüche sind nicht verjährt", sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Wiechers am Dienstag in Karlsruhe . Das Gericht berief sich auf eine Ausnahme vom Gesetz, das eigentlich von einer Verjährungsfrist von drei Jahren ausgeht. Wiechers betonte zugleich, dass das Urteil nicht endlos rückwirkend gelte: "Alles das, was vor 2004 an Ansprüchen entstanden ist, ist verjährt."

Das Gericht klärte damit eine höchst umstrittene Rechtslage. Denn unproblematisch war bisher nur die Rückzahlung von Extragebühren für Kredite, die 2011 und später geschlossen worden sind. Unklar war jedoch, wann die sich aus älteren Verträgen ergebenden Forderungen der Kunden verjähren. Bereits die Vorinstanzen hatten die Fälle unterschiedlich entschieden: So hielt das Landgericht Mönchengladbach die Rückforderungen der 2006 und 2008 aufgenommenen Darlehen für verjährt. Das Landgericht Stuttgart sah die Klage für einen 2008 aufgenommenen Kredit dagegen als noch rechtzeitig an. Der BGH hob diese Urteile jetzt auf und entschied die Fälle zugunsten der Kunden . Es muss nicht neu verhandelt werden.

Meinung:

Klarheit - auch für die Justiz

Von SZ-Redaktionsmitglied Janek Böffel

Eigentlich hat der Bundesgerichtshof gestern nur das nachgeholt, was er im Mai versäumt hatte. Damals hatten die Richter zwar die übliche Praxis der Banken, bei Krediten Bearbeitungsgebühren zu erheben, für Unrecht erklärt. Doch sie hatten nicht gesagt, wie lange die daraus erwachsenen Forderungen der Kunden zurückreichen dürfen. Und das hatte auf den unteren Instanzen zu einem verwirrenden Urteils-Chaos geführt. Sprach der eine Richter Kunden Gebühren rückwirkend bis 2008 zu, erklärte ein anderer Gebühren aus demselben Jahr für verjährt. Damit ist jetzt Schluss. Natürlich werden die Banken aufstöhnen, da dieses Urteil sie Milliarden kosten könnte. Doch sollten es tatsächlich Milliarden sein, zeigt das nur, wie oft die Banken ihren Kunden unrechtmäßige Gebühren aufgebürdet haben. Geld, das der BGH jetzt endgültig denen zugesprochen hat, denen es zusteht: den Kunden .

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