„Ende 2014 schwarze Zahlen“

Dillingen · Nach dem 130 Millionen Sparprogramm jährlich legt die Dillinger Hütte jetzt ein Strategie-Projekt vor, das zurück an die internationale Spitze führen soll, so Vorstandschef Karlheinz Blessing zu unserer Zeitung.

 Der elektronische Leitstand in der Dillinger Stahlproduktion: Technik und Verantwortung auf hohem Niveau. Foto: DH

Der elektronische Leitstand in der Dillinger Stahlproduktion: Technik und Verantwortung auf hohem Niveau. Foto: DH

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Das im Januar gestartete Sparprogramm der Dillinger Hütte in Höhe von 130 Millionen Euro jährlich zeigt offenbar erste Erfolge. Bis jetzt seien schon 110 Millionen Euro umgesetzt worden, sagte Vorstandschef Karlheinz Blessing . Der Abbau von rund 300 Stellen sei sozialverträglich und ohne Kündigungen erfolgt, nur durch Verlegungen zu Saarstahl sowie Pensionierungen. Gleichzeitig sei die Zahl betroffener Mitarbeiter unter den kalkulierten 450 geblieben. Blessing spricht von "einer genialen Leistung aller Beschäftigten", die es geschafft hätten, die Dillinger Hütte "aus eigener Kraft" aus der Verlustzone herauszuführen". In Dillingen arbeiten 5075 Menschen, bei Saarstahl 4011 (ohne Tochterunternehmen).

Weil das Sparprogramm greift und mehr Aufträge eingehen, werden sowohl die Dillinger Hütte als auch Saarstahl "bis zum Jahresende wieder schwarze Zahlen schreiben", kündigt Blessing an. "Wir sind aus der Talsohle heraus." Ob dies auch für den Gesamtkonzern mit all seinen Beteiligungen gilt, könne man noch nicht sagen. Im Geschäftsjahr 2013 musste Dillingen 167 Millionen Euro Verlust verkraften, der Saarstahl-Konzern 131 Millionen Euro.

Dem Sparprogramm in Dillingen soll nun ein Strategie-Programm mit dem Titel "Primus 16" folgen. Es sieht vor, die Hütte so umzubauen, dass sie mit ihren Produkten, ihrer Qualität und ihrer Liefergeschwindigkeit international wieder an der obersten Spitze steht. "Wir wollen erreichen, dass Dillingen innerhalb von zwei Jahren wieder international zum Maß aller Dinge wird, wenn es um Grobblech geht", so Blessing.

Personalabbau sei mit diesem Programm nicht primär verbunden. "Mit ,Primus 16‘ wollen wir die Hütte fit machen für die nächsten zehn Jahre." Vorgesehen sind rund 25 Einzelprojekte. Abbau von Hierarchien seien ebenso ein Thema wie Wege zu einer schlankeren Verwaltung, flexibleren Produktionsabläufen, schnelleren Lieferzeiten und mehr Möglichkeiten, auf Auftragsschwankungen mit atmenden Arbeitszeit-Modellen zu reagieren. "Primus 16" sieht eine Steigerung der Produktivität von im Schnitt drei Prozent jährlich vor.

Die Konkurrenz habe in den Kernmärkten massiv zugenommen. Mit Rohrblech könne man kaum noch Geschäfte machen, nicht einmal in Russland, das immer mehr Walzwerke selbst baue. Auch China dränge auf diesen Markt. Deshalb setzt Blessing mehr auf das Geschäft mit normalem Grobblech, zum Beispiel Offshore-Windprojekten und dem Maschinenbau, um Rückgänge im Rohrblech zu kompensieren. Günstiger beurteilt Blessing die Ausgangsposition für Saarstahl. Deren Hauptkunde, die Autoindustrie, habe sich 2014 auf hohem Niveau gehalten. Unklar sei, wie lange die Durststrecke für die Schmiede dauert. Da die USA mehr auf Gaskraftwerke setzen und moderne Anlagen zur Energiegewinnung auch in Europa im Kommen seien, erwartet Blessing, dass irgendwann der Knoten platzt und die Aufträge verstärkt kommen.

Die Dillinger Hütte und Saarstahl seien sehr begehrt. "Immer wieder klopfen Interessenten an, auch aus Asien, weil sie mit uns zusammenarbeiten wollen, ein Angebot auf Kapitalbeteiligung inklusive. Letzteres steht für uns nicht auf der Tagesordnung. Zu einer Zusammenarbeit sagen wir dagegen: Ja, gerne, wenn es für uns etwas bringt."

Meinung:
Noch nichtüber den Berg

Von SZ-Redakteur Thomas Sponticcia

Es wäre ein großer Erfolg, wenn es gelingt, die Dillinger Hütte und Saarstahl schon bis zum Jahresende wieder in die Gewinnzone zu führen. Dies kann aber nur eine Zwischenstation sein. Die weltweite Stahlszene verändert sich im Rekordtempo, immer mehr Länder drängen auf diesen Markt. Überleben kann nur, wer schlanke, schnelle, effektive Strukturen aufweist. Alle Abläufe in der Dillinger Hütte und bei Saarstahl müssen auf den Prüfstand. Effektivität heißt nicht zwangsläufig weiterer Personalabbau, bedeutet aber auch, dass sich Führungskräfte für ihre Arbeit genauso rechtfertigen müssen wie die Basis. Die Dillinger Hütte muss auf alte Werte besinnen und Erfolg mehr in Europa suchen statt auf Weltmärkten.

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