Griechenland sucht nach Einigung mit Brüssel

Brüssel · Nach dem Rauswurf der Troika als Kontrollinstanz durch die griechische Regierung sucht diese offenbar wieder nach versöhnlicheren Tönen gegenüber Brüssel. Regierungschef Alexis Tsipras hat ein Spitzentreffen mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vereinbart.

. Am Tag nach dem De-facto-Rauswurf der Troika durch den neuen Finanzminister Gianis Varoufakis rief Premier Alexis Tsipras am Samstag den EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker an und nannte ihn einen "Freund Griechenlands". Der frühere Luxemburger Ministerpräsident und Eurogruppenchef habe sich für Griechenlands Verbleib in der Währungsunion eingesetzt und selbst schon die Troika von Kommission, Europäischer Zentralbank und Weltwährungsfonds in Frage gestellt. Die beiden vereinbarten für kommenden Mittwoch ein Treffen in Brüssel . Tsipras will sich dann auch mit dem französischen Staatspräsidenten François Hollande in Paris und den italienischen Regierungschef Matteo Renzi in Rom treffen. Ein Besuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel ist nicht geplant.

Wie zudem das "Handelsblatt" berichtet, plant Juncker offensichtlich sogar die Abschaffung der Troika. Das Gremium aus Vertretern der Europäischen Zentralbank (EZB), des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission solle demnach nicht mehr nach Athen reisen. Mit dem Ende dieser Form der Kontrolle käme Juncker Athen entgegen.

Zu einer Reform der Troika ist nach Informationen des "Handelsblatts" im Prinzip auch die Bundesregierung bereit. Auf die Kontrollbesuche in Athen ließe sich eventuell verzichten, an ihrer Stelle könnten Griechenland nur noch allgemeinere wirtschaftspolitische Ziele gesetzt werden, hieß es aus Regierungskreisen. Möglich sei dieses Zugeständnis erst, wenn sich die neue griechische Regierung zum vereinbarten Spar- und Reformkurs bekenne.

Tsipras sprach am Wochenende auch mit Martin Schulz , Präsident des Europaparlaments, sowie Zentralbankchef Mario Draghi , Juncker wiederum mit Kanzlerin Angela Merkel. Kurz danach veröffentlichte Tsipras eine Erklärung. "Keine Seite sucht den Konflikt", hieß es darin. Ziel sei "eine für beide Seiten vorteilhafte Einigung". Auch nach der turbulenten ersten Woche der neuen Athener Regierung wird in Brüssel immer noch mit einer Verhandlungslösung gerechnet. Die verschiedenen Positionen müssten nicht zwangsläufig im Ausscheiden aus dem Euroraum enden.

Eine politische Einigung bis zum Monatsende, wenn das zweite Hilfsprogramm ausläuft, gilt aber als utopisch. Athen fehlte dann nicht nur die letzte Hilfsrate der Europäer in Höhe von 1,8 Milliarden Euro. Auch eine für den Bankensektor vorgesehene Notreserve von zehn Milliarden Euro dürfte kaum zu erhalten sein. Ohne überwachtes Programm darf die Europäische Zentralbank von griechischen Banken auch nicht griechische Staatsanleihen als Sicherheit akzeptieren. Experten rechnen damit, dass sie mindestens einen Prozentpunkt mehr für Kredite zahlen müssten und ständig vom Bankrott bedroht wären.

In EU-Kreisen wurde bestätigt, dass die Brüsseler Kommission vor Tsipras' Besuch Optionen durchspielt, wie die griechische Zahlungsunfähigkeit auch ohne Hilfsprogramm verhindert werden kann. Kurz laufende Anleihen könnten einen Teil der laufenden Kosten decken. "Spätestens im Juli ist aber Sense", sagte ein Diplomat mit Blick auf zwei griechische Staatsanleihen mit einem Volumen von 3,5 Milliarden Euro, die die Regierung zurückzahlen muss.

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