Preisabsprachen im Supermarkt

Bonn · Das Bundeskartellamt hat massive illegale Preisabsprachen zwischen Herstellern und Handelsketten unter anderem bei Kaffee, Schokolade und Süßigkeiten aufgedeckt.

 Jahrelang mussten Verbraucher zu viel für Schokolade zahlen. Foto: Fotolia

Jahrelang mussten Verbraucher zu viel für Schokolade zahlen. Foto: Fotolia

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Illegale Preis-Kontrollen, Bonus-Ausschüttungen unter der Ladentheke und Boykott-Drohungen gegen widerspenstige Händler - das Bundeskartellamt hat eine Serie von Preiskartellen in deutschen Supermärkten aufgedeckt, die Verbraucher nur ins Staunen bringen können. Bei massenhaft verkauften Produkten wie Kaffee und Schokolade, Lakritz, Körperpflegemitteln und Tierfutter haben Hersteller ab 2004/2005 jahrelang mit den großen Handelsketten die Endverkaufspreise abgesprochen.

Das nützte beiden Seiten: Die Hersteller konnten überhöhte Preise in den Markt drücken und vor allem Preiserhöhungen leichter durchsetzen. Die Handelsketten sicherten mit den Deals ihre Margen ab. Überraschende Aktionen der Konkurrenz, die sonst im aggressiven Preiskampf des Lebensmitteleinzelhandels zum täglichen Geschäft gehören, waren damit kaum mehr möglich.

Das Bundeskartellamt hat wegen der Preisabsprachen knapp 152 Millionen Euro an Bußgeld verhängt. Bestraft wurden die Konzerne Edeka, Rewe, Kaufland , Metro, Aldi sowie die Tierfutter-Ketten Fressnapf und Das Futterhaus. Bei den Herstellern mussten Haribo, Ritter, Johnson & Johnson sowie Dr. Kurt Wolff zahlen.

Die Hersteller und teils auch die Händler selbst kontrollierten mit regelmäßigen Marktdurchgängen, ob sich auch alle an die Absprachen hielten. Wenn ja, gab es großzügige Boni, Rückvergütungen und Rabatte der Hersteller, gern als "Werbekostenzuschüsse" deklariert. Wenn einzelne Händler Waren doch mal "zu billig" anboten, klingelte schnell das Telefon, wie das Kartellamt berichtet: Alle seien doch gemeinsam an einer hohen Wertschöpfung interessiert und niemand wolle einen "Flächenbrand" zu niedriger Preise, argumentierte in einem Fall zum Beispiel der Lakritzhersteller Haribo. Wenn Händler sich davon nicht überzeugen ließen, mussten sie mit Bonuskürzungen und im schlimmsten Fall mit einem Lieferstopp rechnen.

Der große Kaffeehersteller Melitta hat nach den Ermittlungen nicht nur seine großen Preiserhöhungen 2004, 2005 und 2007 mit Edeka, Rewe, Kaufland und Metro abgesprochen, sondern auch kleinere Preisaktionen zu Feiertagen wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten. Die Kontrolle im Preiskartell sei scharf gewesen, fanden die Kartellhüter heraus: Jeden Montag patrouillierten Melitta-Außendienstler in den Märkten und trugen die Preise in eine Tabelle ein, die an das Management und die beteiligten Handelskonzerne ging. Wie groß der Schaden für die Verbraucher war, lässt sich nur schwer schätzen. Er geht sicher in den hohen Millionenbereich. Nach früheren Studien können Kartelle je nach Warengruppe zu illegalen Preisaufschlägen zwischen zehn und 25 Prozent führen.

Bei der Aufklärung arbeiteten schließlich aber praktisch alle Konzerne mit. Melitta blieb straffrei, da das Unternehmen dem Kartellamt bei der Aufklärung maßgeblich geholfen hatte, die anderen Beteiligten erhielten ermäßigte Bußgelder .

Meinung:

Schmutziges Geschäft

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf

Als Verbraucher kann man sich nur verwundert die Augen reiben. Die Handelskonzerne , die sich so viele Preiskämpfe etwa bei Fleisch und Butter liefern, einigten sich offenbar friedlich untereinander und mit den Herstellern auf Einheitspreise unter anderem für Kaffee und Süßigkeiten. Die Verärgerung wird bei vielen Kunden groß sein. Doch tun können sie wenig, zumal sie kaum Alternativen haben. Zu viele der Branchenriesen haben mitgemacht. Deshalb droht den bestraften Konzernen kein spürbarer Imageschaden. Der einzige Trost: Wenigstens in diesem Fall ist der schmutzige Deal aufgeflogen. Das Kartellamt hat seine Arbeit getan. Und immerhin haben die Kartellmitglieder, als ein Unternehmen ausscherte, mit der Behörde kooperiert.

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