Post kämpft mit Brief- und Paketbergen

Bonn · Montagnacht geht der Streik zu Ende. Danach will die Post möglichst schnell wieder zum Normalbetrieb zurückkehren. Aber auch wenn alle liegen gebliebenen Pakete und Briefe zugestellt sind, ist noch längst nicht alles normal bei der Post.

52 Streiktage, Millionenkosten und viel zerschlagenes Porzellan in der Belegschaft - in der Nacht von Montag auf Dienstag geht der heftigste Poststreik seit Jahrzehnten zu Ende. An dem Streik hatten sich in den vergangenen Wochen täglich um die 30 000 Beschäftigte beteiligt. Mit dem Tarifabschluss vom Sonntagabend aus Bad Neuenahr sind beide Seiten zufrieden, doch nun kommen die praktischen Probleme: Millionen Briefe und Pakete, die nicht zugestellt werden konnten, liegen bei Sommerhitze in den Verteilzentren und Lagerräumen - verdorrte Blumen und verderbliche Waren inbegriffen.

Tatsache ist: Der Beförderungsstau kann nur langsam abgebaut werden. Es wird von heute an mehrere Tage dauern, sagt Post-Personalchefin Melanie Kreis. "In einigen Regionen gibt es erhöhte Rückstände bei der Zustellung", meldet der Konzern. In Berlin und überhaupt im Osten Deutschlands scheint es besonders schwer zu sein. Für Brandenburg etwa prognostiziert Verdi-Fachbereichsleiterin Benita Unger sogar ein bis zwei Monate Verspätung von Paketen - eine Vorhersage, die der Postsprecher dementiert.

Insgesamt lief der Ausstand seit Ostern an 52 Streiktagen. Die Gesamtkosten dürften sich auf einen hohen zweistelligen oder sogar einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag addieren. Die Post hatte mit Aushilfskräften, Umorganisation sowie Zusatzarbeit an drei Sonntagen versucht, die Postberge abzubauen und dafür nach Schätzungen täglich Millionen aufgewendet. Die Streikkasse der Gewerkschaft dürfte mit etwa 30 Millionen Euro belastet worden sein, berechnete Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln der "Welt am Sonntag" zufolge. Bestätigungen für diese Zahlen gab es weder von der Post noch von Verdi.

Die Post lobte den Abschluss als "Gesamtpaket, das unseren Mitarbeitern Sicherheit und Perspektive bietet sowie gleichzeitig künftiges Wachstum ermöglicht". Zentraler Streitpunkt waren neue Regionalgesellschaften im Paketdienst mit schlechterer Bezahlung als der Post-Haustarif. Hiermit konnte sich die Konzernspitze durchsetzen, verpflichtete sich aber zugleich, das Modell zunächst bis Ende 2018 nicht auf den wesentlich größeren Briefbereich zu übertragen. In den neuen Paket-Gesellschaften sollten jetzt Tausende neue Stellen entstehen, sagte Kreis. Die Pläne eines Ausbaus von derzeit 6500 auf 20 000 bis 2020 nannte sie "sehr realistisch".

Nachdem der Konflikt beigelegt ist, gilt es noch andere Negativ-Folgen - bei den Mitarbeitern und der Kundschaft - aufzuarbeiten. Gerade in der lukrativen Paketsparte ist die Konkurrenz hart, und viele Kunden wie zum Beispiel Online-Händler, die auf pünktliche Zustellungen angewiesen sind, hatten genervt und verärgert einen Wechsel des Anbieters angekündigt.

Auch im Inneren ist viel zu tun. "Da sind Gräben entstanden zwischen Streikenden und Nicht-Streikenden", sagt Personalchefin Kreis. Manche Kollegen redeten kein Wort mehr miteinander, berichtet ein Verdi-Funktionär. "Streikbrecher " ist der Vorwurf auch an manche Beamte, die sich ihren Aufträgen aber gar nicht widersetzen dürfen. Diese Spannungen abzubauen, dürfte länger dauern als die Zustellung von liegen gebliebenen Briefen und Paketen.

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