Briefe schreiben wird erneut teurer

Bonn · Deutschland mailt, chattet und schreibt SMS – das Privatbrief-Geschäft der Post geht seit Jahren zurück. Das Unternehmen will daher das Briefporto weiter verteuern. Betroffen sind vor allem Geschäftskunden, die noch viel verschicken.

Deutschlands Briefeschreiber müssen sich schon wieder an neue Briefmarken gewöhnen: Nach einem Jahr mit glatten 60 Cent Porto erhöht die Post Anfang 2015 erneut die Preise für den Standardbrief auf 62 Cent. Als Grund nennt sie die deutlich gestiegenen Personalkosten und hohe Investitionen. Hintergrund ist aber eine seit Jahren anhaltende Entwicklung: Im Zeitalter von Internet, SMS und Messengerdiensten gehen der Post langsam die Briefeschreiber aus.

Knapp 7,5 Milliarden klassische Briefe hat die Post 2013 befördert, zehn Jahre zuvor waren es noch 9,2 Milliarden. "Wir verlieren jedes Jahr zwei bis drei Prozent Briefvolumen", sagt ein Postsprecher. Was die Post noch an Briefen befördert, ist zu 85 bis 90 Prozent Geschäftspost, oft mit Werbung. Um trotz sinkender Zahlen mit ihrem traditionellen Kerngeschäft weiter Geld zu verdienen, hat die Post erheblich rationalisiert: Bis 2012 flossen etwa rund 400 Millionen Euro in moderne Sortieranlagen. Hier lässt sich aber nicht mehr viel sparen, deshalb drehen die Bonner an der Preisschraube.

Jeweils Anfang 2013, 2014 und aller Voraussicht nach 2015 gab und gibt es Porto-Erhöhungen, die offensichtlich recht klaglos hingenommen werden. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen registriert praktisch keine Beschwerden im Briefbereich, wie eine Sprecherin sagt. Das dürfte auch daran liegen, dass Portokosten in den Privathaushalte kaum eine Rolle spielen.

Von der Portoerhöhung sind unter dem Strich vor allem Geschäftskunden betroffen. Geschäftspost macht 85 bis 90 Prozent des Briefvolumens der Post aus. Unternehmen müssen nun auch für inhaltsgleiche Massensendungen deutlich tiefer in die Tasche greifen: Deren Porto steigt um drei auf 39 Cent. Die Bundesnetzagentur beziffert den Marktanteil der Post im Briefbereich insgesamt auf runde 90 Prozent. Wegen dieser Marktmacht müssen die Bonner sich Portoerhöhungen nach einem festgelegten Verfahren von der Netzagentur genehmigen lassen. Eine Ablehnung wäre ungewöhnlich. Grundlage der Portoerhöhungen ist unter anderem die Inflationsrate des Vorjahres. Die aktuelle Rechnung ergab 1,3 Prozent Erhöhungsspielraum. Deshalb musste die Post einige Briefprodukte um verbilligen, um mit der Zwei-Cent-Erhöhung für den Standardbrief insgesamt die Vorgabe nicht zu überschreiten. So soll der Kompaktbrief mit maximal 50 Gramm mit heute 85 Cent um fünf Cent billiger werden.

Meinung:

Adieu, Liebesbrief

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß

Es verwundert nicht, dass die Post erneut das Porto erhöht. Der Brief ist ein Auslaufmodell. Viele werden das bei sich feststellen können, wenn sie sich daran erinnern, wann sie das letzte Mal zu Papier und Stift gegriffen haben, um einen Brief zu schreiben. Ewig dürfte das her sein. Und wer läuft noch los und besorgt Marken, wenn er rasch eine Mail oder eine SMS versenden kann? Selbst der Liebesbrief ist out. Schade eigentlich. Freunde des geschliffenen Wortes werden das beklagen, weil durch den technischen Fortschritt auch ein Kulturgut verloren geht. Die Tastatur dominiert das Leben. So ist die schöne neue Welt der sozialen Netzwerke. Darauf reagiert die Post jetzt. Die zwei Cent mehr sind hinnehmbar, wenn dadurch das System Brief einigermaßen aufrechterhalten werden kann. Vor allem für jene, die mit dem Internet oder Handy nichts am Hut haben.

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