Beckinger Fabrik läuft weiter

Beckingen · Bis Ende März soll die Zukunft der Beckinger Schraubenfabrik und möglichst der gesamten insolventen Whitesell-Germany-Gruppe geklärt sein. Es gebe mehrere Kaufinteressenten, sagt der vorläufige Insolvenzverwalter Biner Bähr.

 Die Maschinen im Beckinger Schraubenwerk sind bei weitem nicht ausgelastet. Archivfoto: Ruppenthal

Die Maschinen im Beckinger Schraubenwerk sind bei weitem nicht ausgelastet. Archivfoto: Ruppenthal

Vorerst läuft der Betrieb in der Beckinger Schraubenfabrik und ihren drei Schwesterwerken weiter - auch über den 31. März hinaus, also über den Termin hinaus, bis zu dem Insolvenzgeld gezahlt wird. Das teilte Biner Bähr, der vorläufige Insolvenzverwalter der Schrauben-Gruppe Whitesell Germany gestern mit. Er habe von den Gläubigern grünes Licht für die Fortführung aller vier Standorte bekommen. Am liebsten wäre es ihm aber, wenn es dazu gar nicht käme. "Mein Ziel bleibt es, einen für das Unternehmen passenden Investor bis Ende März zu finden", sagte Bähr der Erklärung zufolge. Der als Heuschrecke verschrieene bisherige Eigentümer, die amerikanische Whitesell-Gruppe, hatte Ende Januar Insolvenz angemeldet.

Bähr habe bereits "diverse Interessensbekundungen" erhalten - für die gesamte Schrauben-Gruppe und auch für einzelne Werke. Im Saarland fällt dabei immer wieder der Name Nedschroef Holding, die bereits in Fraulautern Schrauben produziert. Auch wird spekuliert, dass Würth eine Übernahme erwägt. In baden-württembergischen Medien wurde der Schrauben- und Werkzeughersteller zumindest mit Blick auf den Whitesell-Standort Schrozberg (Landkreis Schäbisch Hall) ins Spiel gebracht.

Falls ein schneller Verkauf nicht zustandekommt und der Insolvenzverwalter das Unternehmen vorerst weiterführen muss, rechnet die IG Metall mit einem massiven Personalabbau , wie Guido Lesch, zweiter Bevollmächtiger der Gewerkschaft in Völklingen, sagte. Bundesweit sind von der Insolvenz 1300 Mitarbeiter betroffen, davon 340 in Beckingen . Insolvenzverwalter Bähr äußert sich dazu zwar nicht und nennt erst recht keine Zahlen. Doch beschreibt er die Ausgangslage als schwierig, weil "in allen vier Werken unsere Auslastung viel zu gering ist". Mit anderen Worten: Es ist kaum Arbeit da. "Wir fordern daher eine Transfergesellschaft, damit die Beschäftigten nicht ins Uferlose fallen", sagte Lesch. Dabei hofft er, dass diese Gesellschaft für die meisten Arbeitnehmer nur eine Zwischenstation bis zu einer Rückkehr ins Schraubenwerk ist. Wenn ein Investor den Standort übernimmt, könnten neue Aufträge schnell den Personalbedarf wieder steigen lassen.

"Staat in der Pflicht"

Lesch sieht in besonderer Weise den "Staat in der Pflicht", den Mitarbeitern zu helfen. Schließlich seien es die deutschen Gesetze, die es Whitesell erlaubt hätten, die Firmenwerte in eine Holding nach Luxemburg auszulagern und die vermögenslosen deutschen Werke dann in die Insolvenz zu schicken - alles, um jetzt noch durch Verkauf der Immobilien und Maschinen an einen Investor Profit herauszuschlagen. Ein Zugriff des Insolvenzverwalters auf die Vermögenswerte ist Experten zufolge zwar grundsätzlich möglich, aber nicht in kurzer Zeit. Die Landesregierung äußert sich derzeit nicht dazu, ob sie bei der Gründung einer Beschäftigungsgesellschaft helfen kann. Der saarländische Wirtschaftsstaatssekretär Jürgen Barke (SPD ) hatte im Dezember auf einer Demonstration gegen Whitesell allerdings Unterstützung zugesagt, falls viele Jobs gestrichen würden.

Der US-Konzern Whitesell hatte Anfang 2014 die frühere Ruia-Schraubengruppe aus der Insolvenz übernommen und aus Sicht von Gewerkschaft und Betriebsrat sofort damit begonnen, Geld aus dem Unternehmen zu ziehen. Ein Mittel dafür waren demnach extreme Preiserhöhungen, die einen Kunden nach dem anderen vergraulten. Dadurch ging die Auslastung der Werke massiv zurück. InBeckingen liegt sie laut Betriebsrat bei unter 30 Prozent.

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