Zu Tode gequasselt

Nach Jauch kommt Will, sonst ändert sich nix. Tatsächlich ist es keine Zäsur, wenn am Sonntag, 21.45 Uhr, Günther Jauch zum letzten Mal zum Talk bittet. Mitte Januar macht es sich Anne Will dann auf dem Top-Sendeplatz nach dem "Tatort" bequem.

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Foto: Robby Lorenz

Und man wird Jauchs Runde aus dem Berliner Gasometer nicht vermissen.

Dabei hat Jauch das so schlecht nicht gemacht, wie manche "Medienexperten" nun beckmessern. Nicht schlechter jedenfalls als Will, Illner, Maischberger, Plasberg oder gar der Frührentner Beckmann. Alle hatten sie Sendungen, bei denen man nicht weiterzappte. Aber man musste auch Krawallrunden erdulden und Gelabere, für das jeder Gebühren-Cent zu teuer war. Nicht Günther Jauch , sein zögerliches Nachfassen, seine gouvernantenhaften Harmonisierungsversuche, waren das Problem. Tatsächlich gibt es im deutschen Fernsehen wohl schwerlich Bessere als die zuvor Genannten, die pointierter fragen, smarter moderieren könnten. Alle sind sie Kamera-Routiniers, die nichts so schnell aus der Fassung bringt. Und ihnen arbeiten versierte Redaktionen zu. Nicht Jauch, die ewige Ikone des Privatfernsehens, enttäuschte. Vielmehr quasselt uns das gesamte öffentlich-rechtliche Fernsehen zu Tode: Was soll der Zuschauer auch noch erwarten, wenn er etwa in der Woche nach den Paris-Attentaten von allen Talkern das Thema "Terror" serviert bekommt? Was kann da im vierten oder fünften Aufwasch noch Neues kommen? ARD und ZDF aber tischen Talkshows bis zum Überdruss auf, die nicht mal in der Themensetzung merklich variieren. Kein überraschendes Phänomen übrigens. Denn öffentlich-rechtliche Fernsehverantwortliche zeichnen sich durch notorische Mutlosigkeit aus. Man kopiert dutzendfach, was anderswo bereits gut läuft. Die Ballungen von Kochshows, Herzschmerzfilmchen und Talkrunden beweisen dies. Kreativität dürfen Autoren, Regisseure, Redakteure allenfalls in Spartenkanälen wie ZDF Neo ausleben. Nicht zuletzt aber geht's auch ums Geld. Eine Talkshow lässt sich trotz üppiger Gagen für die Premium-Plauderer mit kleinem Geld herstellen, ein selbst produzierter Spielfilm kostet dagegen richtig. Die Quasselbuden von ARD und ZDF sind also fürwahr Billigkost, die noch dazu geführt hat, dass Talkshows vielen Politikern längst als der bessere Bundestag gelten. Will Kanzlerin-Intimus Peter Altmaier ein Thema "platzieren", nutzt er die Show - und ARD wie ZDF lassen sich, dankbar für den gewichtigen Gast, nur allzu oft dafür einspannen. Nach Günther Jauchs Rückzug nun einfach mit Will weiterzumachen, ist jedenfalls die schlechteste Idee. Die Programmverantwortlichen hätten sich besser mal die Zeit gelassen nachzudenken, ob es noch mehr gibt als die Wiederkehr des immer Gleichen.

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