Vom Ende einer Hoffnungsträgerin

München · Die Prozedur war kurz, aber nicht schmerzlos: Christine Haderthauer trat gestern Abend im pinkfarbenen Blazer in der bayerischen Staatskanzlei vor die Medien und gab eine gerade einmal drei Minuten dauernde Erklärung ab.

Sie habe Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU ) ihren "Entschluss" mitgeteilt, ihr Amt als Mitglied der bayerischen Staatsregierung aufzugeben. Einer Schuld ist sich die 51-Jährige nicht bewusst. Nach wie vor sei sie der Ansicht, dass die gegen sie und ihren Ehemann eingeleiteten Ermittlungen für einen Rücktritt nicht ausreichten.

Überraschend kam der Rücktritt nicht - und er trägt auch weniger die Handschrift der couragierten Haderthauer, sondern eher die von Seehofer. Dessen Taktik war schon immer, ganz schnell die Notbremse zu ziehen, ehe eine Sache heikel zu werden droht. Die Sache: Ein offenbar schwunghafter und lukrativer Handel mit aufwändigen Modellautos , die psychisch kranke Straftäter in zwei Kliniken zusammenbauten. Schwer gelitten hat die Glaubwürdigkeit der CSU-Politikerin vor allem deshalb, weil sie den Handel als selbstlos dargestellt hatte. Es habe sich um ein "von Idealismus getragenes Engagement finanzieller Art" gehandelt, hatte sie noch Anfang August behauptet und damit den Anschein erweckt, an der Firma "Sapor" nicht nur nichts verdient, sondern noch aus eigenen Mitteln zugesetzt zu haben. Tatsächlich wurde zuletzt immer klarer, dass Profitstreben die treibende Kraft war.

Eine zweite Schwachstelle in Haderthauers Krisenbewältigungsstrategie waren Angaben über den Zeitpunkt des Aussteigens aus der Firma, der angeblich 2003 mit der Wahl zur Landtagsabgeordneten erfolgt sei. Dem Ausstieg hätten auch die anderen Gesellschafter zustimmen müssen, wovon diese aber nichts wissen. Bei einem juristischen Laien könnte man solche Ungereimtheiten mit Irrtum entschuldigen, nicht aber bei der Volljuristin und Anwältin Haderthauer.

Ob es die Betroffene aus freien Stücken war oder sie ihr Chef zum Rückzug bewegt hat: Jedenfalls ist dieses Problem für den jetzt wieder anlaufenden Politikbetrieb in Bayern aus dem Weg geräumt. Am 9. September tritt Seehofers Kabinett zur ersten Sitzung nach der Sommerpause zusammen und am 16. September findet eine Sondersitzung des Landtags statt. Einziger Tagesordnungspunkt: Die Affäre um die Staatskanzleiministerin. Die Debatte dürfte nur noch begrenztes Interesse finden, wenn sie denn überhaupt stattfindet.

Seehofer hat damit freilich ein neues Problem. Der Erfinder der 40-Prozent-Frauenquote in der CSU hat offensichtlich massive Schwierigkeiten, die Zahl der Frauen in seinem Kabinett aufrecht zu erhalten, denn eine Nachfolgerin für Haderthauer bietet sich nicht an. Und auch einen größeren Umbau in der Regierungsmannschaft dürfte ihm alles andere als gelegen kommen.

Mit dem Rücktritt wird die CSU nicht verhindern können, dass die Aktivitäten der Firma "Sapor" mit allen möglichen peinlichen Details in einem Untersuchungsausschuss durchleuchtet werden. Befragt wird dann auch der Dreifachmörder Robert S., der nach eigenen Angaben für "Sapor" 66 Modellautos gebastelt hat, die für fünfstellige Summen verkauft wurden. Er dürfte für die Haderthauers ein recht unangenehmer Zeuge werden.

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