Wie es sich gehört

Den Letzten beißen die Hunde. In der praktischen Sozialpolitik ist dies Alltag in Deutschland. Kreise, Städte und Gemeinden müssen vor Ort auslöffeln, was ihnen der Bund und zuweilen die Länder einbrocken.

Sei es die Kinderbetreuung, sei es die Inklusion in Schulen, seien es Kosten für Hartz IV - oder eben Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern, deren Zahl rasant steigt. Die Kommunen sind hier mittlerweile überfordert.

Auch deshalb wirken die Ansprüche der Länder und Kommunen nach mehr Unterstützung durch den Bund absolut berechtigt. Themenfelder wie Zuwanderung und Integration sind nationale Aufgaben, die Berlin entsprechend koordinieren und finanzieren muss. Dass Länder und Gemeinden die konkrete Versorgung und Eingliederung vor Ort zu erledigen haben, ist ebenso selbstverständlich wie das zugehörige Konnexitätsprinzip ("wer bestellt, bezahlt"), das in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung aber noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

Seit Jahrzehnten übte der Bund die Praxis, die Verantwortung für Flüchtlinge und Zuwanderer auf die unteren Ebenen abzuwälzen und die Lage schönzureden. Was dabei herauskommen kann, sind unhaltbare Zustände wie etwa in Bayern (wo auch die CSU-Landesregierung gern wegschaut) oder im siegerländischen Burbach, wo Asylbewerber von privaten Sicherheitsdiensten drangsaliert wurden. Aber nicht nur nach unten, auch nach oben fällt der Bund durch Phlegma und Zaudern auf: Das Thema Flucht und Zuwanderung ist ein transnationales, europäisches Problem, das auf EU-Ebene gesteuert und auch mitfinanziert werden muss. Stattdessen will Brüssel die Hilfen für Flüchtlinge halbieren. Das ist grotesk, denn eigentlich müssten sie ebenso erhöht werden wie Fördermittel für die Mitgliedsstaaten Rumänien und Bulgarien, damit die Menschen in ihrer Heimat eine Zukunft haben.

Die gestrige Runde im Kanzleramt mag als kleiner Fortschritt gelten, aber noch immer lassen die Verantwortlichen ein Konzept vermissen, das sich an der Realität orientiert. Diese besagt, dass der Zustrom der Zuwanderer nicht versiegt, sondern sich noch verstärkt. Weil das Wohlstandsgefälle zwischen Nord und Süd immer größer wird und Krieg und Terror in den Krisenregionen zunehmen. Und da die Menschen angesichts des nahenden Winters nicht auf Dauer in Zelten oder Containern verstaut werden können, besteht akuter Handlungsbedarf. Das gilt auch für die Willkommenskultur, die durchaus Forderungen nach Respektierung der hiesigen Verhältnisse enthalten sollte. Insgesamt muss es zu Problemlösungen kommen, da hat Kanzleramtsminister Altmaier Recht, "wie es sich für ein Land wie Deutschland gehört".

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