Das Urteil wird nichts ändern

Das Urteil aus Luxemburg ist ein Meilenstein für den Datenschutz , der jedoch nichts bringt. Denn die Kritik der EU-Richter an den Safe-Harbor-Regeln geht keineswegs an die Adresse derer, die persönliche Informationen sammeln, sortieren und speichern, daraus gezielte Werbung machen oder sie weiterverkaufen.

Die Juristen des EuGH haben sich auf jene Sicherheitslücken eingeschossen, durch die amerikanische Fahndungsbehörden an der Daten-Sammelwut von Facebook , Google, Amazon und Co. teilhaben. Dass dies auf der Grundlage amerikanischer Gesetze geschieht und somit dort legal ist, mag schon sein. Doch es geht um die persönlichen Angaben europäischer Bürger - und hierzulande verstößt ein solcher Umgang mit den Daten sogar gegen das 20 Jahre alte EU-Schutzabkommen.

Doch NSA und andere sind nicht die einzigen, die vom höchsten europäischen Gericht eine schallende Ohrfeige verpasst bekamen. Ebenfalls gemeint sind die Europäische Kommission , die von den Sicherheitslücken wusste, und der für Facebook zuständige Beauftragte für Datenschutz . Praktisch alle zuständigen Stellen haben versagt. Es ist unbegreiflich, warum weite Teile der EU diesen Richterspruch als Sieg feiern. Dazu besteht kein Anlass - wohl aber für eine gründliche Überprüfung all der Instanzen, deren Aufgabe es ist, die Privatsphäre der Bürger zu behüten.

Vor diesem Hintergrund wird sich am Internet, wie es ist, wenig ändern, weil das Urteil lediglich den Umgang mit den Informationen durch Unberechtigte betrifft. Oder um es noch anders zu sagen: Was die Nachrichtendienste mit privaten Daten anstellen, kommt staatlich legitimiertem Hacken gleich. Das darf sich die EU nicht gefallen lassen, wenn sie nun daran geht, die Datenschutz-Grundverordnung neu zu fassen. Die Safe-Harbor-Liste, auf der sich Unternehmen eintragen lassen konnten mit dem Versprechen, die europäischen Datenschutz-Vorgaben einzuhalten, war kein schlechter Versuch, eine rechtliche Grauzone so zu regeln, dass Anbieter und Nutzer eine einigermaßen verlässliche Grundlage für ihre Zusammenarbeit hatten. Die Schwächen müsste man ausbügeln, aber genau das erscheint kaum möglich. Weil es bedeuten würde, den US-Nachrichtendiensten das Handwerk zu legen.

Europa kann nicht hoffen, dass die Vereinigten Staaten ihre Heimatschutz-Gesetzgebung korrigieren. Aber die USA dürfen ebenso wenig erwarten, dass Europa seine Bürger gläsern machen lässt, weil auf der anderen Seite des Atlantiks ein überzogener Überwachungsstaat entstanden ist. Hier stoßen zwei Welten der Datenkultur zusammen, zwischen denen es keine Brücken zu geben scheint. Das sollten alle wissen, die glauben, das Urteil werde die politische Wirklichkeit ändern. Das wird es nicht.

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