Murks bleibt Murks
Verkehrsminister Alexander Dobrindt ist bei der Maut als Tiger gestartet. Und jetzt als Bettvorleger gelandet. Die halbe Union und sämtliche Grenzregionen hat der CSU-Mann während der Sommerpause gegen sich aufgebracht mit seinem Plan, die Maut auf Bundes-, Kreis-, Land- und Dorfstraßen auszuweiten.
Die Arbeit der Regierung wurde so sehr von der peinlichen Maut-Frage beeinträchtigt, dass CSU-Chef Horst Seehofer sich sogar gezwungen sah, die Koalitionsfrage (!) zu stellen. Deppert. Und jetzt? Dobrindts gestern verkündete Rolle rückwärts führt uns nur noch einmal vor Augen, was das Vorhaben schon immer war: eine Schnapsidee.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Es lohnt sich einfach nicht, eine Maut einzuführen, die erst alle und dann doch nur die Ausländer zahlen sollen - und zwar ausschließlich auf Autobahnen, obwohl Bundesstraßen erst hinein- und dann wieder herausgerechnet werden. So sieht es der Gesetzentwurf vor. Aufwand und Ertrag passen an keiner Stelle zusammen. Zudem gibt es nicht wenige Verkehrsexperten , die Dobrindts geplante Einnahmen von 500 Millionen Euro anzweifeln und froh wären, wenn das Vorhaben wegen der aufwendigen Verwaltung nicht auch noch Geld kostet .
Fast muss man der CDU dankbar sein, dass sie gemeutert hat gegen Dobrindts erweiterte Maut-Pläne. Im Schwesternkrieg können sich vor allem der Nordrhein-Westfale Armin Laschet und die Rheinland-Pfälzerin Julia Klöckner als Sieger sehen. Doch Vorsicht: Vom Tisch ist das Thema noch lange nicht. Neuer Ärger droht spätestens zum Jahr 2016 , wenn die Maut eingeführt wird. Das Gefühl bei den Autofahrern, doch zur Kasse gebeten zu werden, kann sich dabei schneller einstellen, als den Unionsparteien lieb ist. Man muss zudem kein Prophet sein, um zu wissen: Der finanzielle Ausgleich für deutsche Fahrzeughalter über die Kfz-Steuer bedeutet erstens Bürokratie pur und wird zweitens für die Koalitionäre noch so manche Hiobsbotschaft bringen. Jeder Autofahrer sollte da genau nachrechnen.
Fazit: Der Ertrag aus der "In frastrukturabgabe" ist minimal und deckt den Bedarf nicht im Geringsten. Das Streitpotenzial der Pkw-Maut allein durch den bürokratischen Aufwand bleibt riesig, und die Lenkungswirkung dieser Nutzungsgebühr liegt bei Null. Was der eigentliche Skandal ist. Umfragen belegen, dass die deutschen Autofahrer durchaus bereit wären, eine Maut für alle zu bezahlen, wenn sie eine ökologische Lenkungswirkung hätte, wenn Viel- und Wenigfahrer gerecht behandelt würden und wenn sie üppige Mehreinnahmen brächte, die zur Sanierung der allerorten miserablen Infrastruktur verwendet werden. Vernünftige Maut-Konzepte, die diese Kriterien erfüllen, gibt es schon lange. Doch vor allem die Union traut sich nicht. Murks geht halt einfacher.