Kein Plan gegen die EU-Hasser

Die EU-feindliche Unabhängigkeitspartei Ukip hat es mal wieder den arroganten Schnöseln in Westminster gezeigt. So sieht es der gerne an Bier und Zigarette nuckelnde Parteichef Nigel Farage. Innerhalb weniger Wochen haben die Rechtspopulisten den konservativen Tories den zweiten Parlamentssitz entrissen.

Die Partei, die für einen EU-Austritt kämpft, ist endgültig in der britischen Politik angekommen.

Ihre Forderungen auch nach einer strengeren Einwanderungspolitik strahlen auf viele Briten eine hohe Anziehungskraft aus. Premierminister David Cameron ist bislang kein Gegenmittel eingefallen, wie er den Trend aufhalten kann. EU-Skeptiker aus den eigenen Reihen begehren auf, Wähler strafen aus Politikverdrossenheit das Establishment ab und laufen zur Ukip über. Cameron trägt dabei eine Mitschuld. Anstatt die positiven Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft aufzuzeigen und Ukip selbstbewusst entgegenzutreten, hechelt er thematisch den Brüssel-Hassern und der diffusen Stimmung im Land hinterher. Er erweckt keineswegs den Eindruck, als habe er eine Strategie.

Der Premier hat versprochen, Reformen in der EU durchzusetzen und Nachbesserungen auszuhandeln. Damit sollten Kritiker stumm gemacht werden, doch das Gegenteil trat ein: Cameron hat Erwartungen geweckt, die gefährlich sind, denn erfüllen wird er sie nicht können. Er ist Geisel seiner eigenen Taktik. Das könnte sein politisches Ende bei der Parlamentswahl im Mai einläuten.

Zudem vergrößert sich durch sein Tun die Kluft zwischen Europa und dem Vereinigtem Königreich. Ein Austritt rückt näher, und Cameron trägt mit seinen Wut-Auftritten in Brüssel nicht gerade zu einer Versöhnung der Briten mit der EU bei. Er instrumentalisiert die Union für seinen innenpolitischen Kampf.

Kann es am Ende Deutschland mit Zugeständnissen richten, wie viele hoffen? Das Königreich genießt bereits viele Sonderregelungen, gerade an der Freizügigkeit in der EU wird Cameron zurecht nicht rütteln können. Sie ist einer der Grundpfeiler der Union. Aber das Problem der Immigration treibt die Briten am meisten um. Hilflos sei man der steigenden Einwanderung ausgesetzt, ist vielfach zu hören. Das Sozialsystem, die Schulen, der Arbeitsmarkt sind überfordert, Populismus gegen Migranten und die Oberschicht trifft vor allem in der Arbeiterklasse auf fruchtbaren Boden.

Damit die europäischen Partner die liberalen Briten vom Bleiben überzeugen können, müssten sie gewillt sein, Verständnis für die traditionell europaskeptischere Bevölkerung aufzubringen. Die EU steht auf der Insel im Verdacht, in alle Belange des Lebens eingreifen zu wollen. Mehr positive Werbung aus Brüssel ist bei den Briten dringend vonnöten.

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